O’Reilly fordert vom Rat mehr Transparenz

Emily O’Reilly, die EU-Bürgerbeauftragte, kritisiert die Praxis des Rates der EU, Journalisten während der Verhandlungen über anstehende Gesetzentwürfe den Zugang zu Informationen über die Positionen der Mitgliedsstaaten zu verweigern. Dieses Verhalten missachte die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und sei als „Verwaltungsmissstand“ (maladministration) zu werten.

Das Journalistenteam Investigate Europe (IE) hatte beim Sekretariat des Rates im März 2021 alle Dokumente aus den Verhandlungen der Mitgliedsstaaten über den Gesetzentwurf zum Digital Markets Act angefordert. Dabei fragten sie ausdrücklich auch nach den sogenannten „working documents“, in denen Forderungen und Kommentare der einzelnen Mitgliedsstaaten genannt werden. Die Beamten der Ratsverwaltung verweigerten aber den Zugang, weil dies nach „Ansicht der Mitgliedsstaaten zum jetzigen Zeitpunkt den laufenden Verhandlungen abträglich wäre.“

Höchste Standards für Transparenz im Rat der EU

IE legte dagegen formalen Widerspruch ein. Es gehöre „zu den grundlegenden Aufgaben von Journalisten in einer demokratischen Gesellschaft, über laufende Gesetzgebungsverfahren zu berichten und den Bürgern die Argumente der verschiedenen Gesetzgebungsakteure zu präsentieren“, so die Begründung.

Parallel dazu legte IE Beschwerde bei der Bürgerbeauftragten ein. O’Reilly stellte nun fest, dass es sich „eindeutig um legislative Dokumente handelt, für die höchste Transparenzstandards gelten müssen“. Entsprechend „der gefestigten Rechtsprechung“ rechtfertige „der vorläufige Charakter der Beratungen in den Arbeitsgruppen des Rates über einen Vorschlag der Kommission“ keinesfalls die vom Rat reklamierte Ausnahme von diesem Gebot.

Vielmehr sei ein Gesetzesvorschlag „seinem Wesen nach dazu bestimmt, diskutiert und erörtert zu werden, und die öffentliche Meinung ist durchaus in der Lage zu verstehen, dass der Verfasser eines Vorschlags dessen Inhalt später ändern kann“, zitiert O’Reilly ein einschlägiges Urteil des EuGH in ihrem jetzt veröffentlichten Bericht. Auch die neue Bundesregierung hatte sich im Koalitionsvertrag dafür ausgesprochen, die Transparenz der Prozesse im Rat der EU zu erhöhen. IE, tho

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