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Wie die COP reformiert werden muss

Von Sandrine Dixson-Declève
Sandrine Dixson-Declève, Ko-Präsidentin des Club of Rome

Die alljährliche COP ist der Höhepunkt des Klimakalenders. Da die Emissionen jedoch weiter ansteigen und sich die Auswirkungen des Klimawandels verschlimmern, ist es an der Zeit zu fragen, was der COP-Prozess wirklich erreicht und wie er überarbeitet werden kann. Es muss sichergestellt werden, dass er dazu beiträgt, die globale Erhitzung auf ein für die Menschheit sicheres Level zu begrenzen.

Untersuchungen zeigen, dass die weltweiten Emissionen bis 2030 um etwa 50 Prozent gesenkt werden müssen, um die 1,5-Grad-Grenze einzuhalten, und dass sie in jedem Jahrzehnt um weitere 50 Prozent gesenkt werden müssen, um bis 2050-2060 eine Weltwirtschaft ohne Treibhausgasemissionen zu erreichen. Es besteht ein dramatisches und inakzeptables Missverhältnis zwischen dem, was die COP erreichen muss, und der Trägheit, die sie bei den Vertragsparteien auslöst. Die Gap-Berichte der UNEP bestätigen das.

Das Pariser Abkommen wurde zu Recht für seinen Ehrgeiz und sein Engagement gelobt, die globale Erwärmung deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen und Anstrengungen zu unternehmen, sie möglichst bei 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau zu stoppen. Die Verwirklichung dieses Ziels schreitet jedoch nur schleppend voran. Es hat sieben Jahre gedauert, die Bestandteile des Pariser Abkommens fertig zu stellen – der letzte war die Einigung über Schäden und Verluste, die letztes Jahr auf der COP27 erzielt wurde.

COP-Struktur anfällig für Lethargie

Die konsensbasierte COP-Struktur ist anfällig für lethargische, schrittweise Fortschritte. Der derzeitige COP- und Präsidentschaftsprozess wird nicht dazu führen, dass Klimaschutzmaßnahmen in dem Tempo durchgeführt werden, das erforderlich ist, um die schlimmsten Auswirkungen der globalen Erwärmung zu vermeiden und eine gerechtere, sauberere Welt für alle zu schaffen.

Aus diesem Grund habe ich zusammen mit einer Reihe von Experten, Wissenschaftlern und führenden Politikern – darunter Laurence Tubiana, ehemalige französische Klimabotschafterin und Geschäftsführerin der European Climate Foundation, Mary Robinson, ehemalige Präsidentin Irlands und UN-Sonderbeauftragte für den Klimawandel, und Ban Ki-moon, ehemaliger Generalsekretär der Vereinten Nationen – einen Brief unterzeichnet, in dem António Guterres und der Exekutivsekretär des UNFCCC Simon Stiell aufgefordert werden, den COP-Prozess zu reformieren.

Sechs Punkte zur Reform des COP-Prozesses

In unserem Schreiben heben wir sechs Punkte hervor, die die Grundlage für eine Reformagenda des COP-Prozesses bilden könnten:

  1. Die COP muss in der Lage sein, in unserer aktuellen Notsituation zu handeln und darauf zu reagieren und das Pariser Ziel von 1,5-Grad einzuhalten. Der Schwerpunkt muss auf der Umsetzung und auf Maßnahmen liegen, auf dem Austausch von Best Practices, der Rechenschaftspflicht der Länder und der Finanzierung des Übergangs.
  2. Die COP sollte sich auf die Wissenschaft stützen, und alle Delegationen sollten regelmäßig über neue Entwicklungen informiert werden. Die Wissenschaft zeigt, dass der dringende Ausstieg aus fossilen Brennstoffen für das Erreichen der Klimaziele und den Schutz der Natur unerlässlich ist und im Mittelpunkt aller Diskussionen unter der Ägide der COP stehen muss.
  3. Anstelle einer großen jährlichen COP wären kleinere, häufigere Treffen besser geeignet, um die Dynamik aufrechtzuerhalten, sich auf gezielte Ergebnisse zu konzentrieren und eine gleichberechtigte Vertretung der Parteien und der wichtigsten Interessengruppen sicherzustellen. Die Regierungen sollten nicht die einzigen Stimmen sein, die bei offiziellen Diskussionen gehört werden.
  4. Die derzeitige COP-Struktur mit verschiedenen Zonen, die von den Verhandlungen getrennt sind, sollte aufgegeben und die COP-Tagung in Berichts-, Rechenschafts- und Arbeitssitzungen aufgeteilt werden. Lösungen und Ideen von nicht-staatlichen Akteuren, zum Beispiel von indigenen Völkern und jungen Menschen, die sich für den Wandel einsetzen, sollten in die Verhandlungen einbezogen werden und nicht in Nebenveranstaltungen untergebracht werden.
  5. Multilaterale Banken und Finanzinstitutionen sollten in den Arbeitssitzungen eine zentrale Rolle spielen, um sicherzustellen, dass die Zusagen durch umsetzbare Arbeitspläne greifbar werden.
  6. Bei allen Entscheidungen und Diskussionen sollten die regionalen Unterschiede berücksichtigt werden, um einen gerechten globalen Übergang zu gewährleisten. Der COP-Prozess kann ein Beispiel für transformative Führung geben, indem er lokale Transformationspfade, Wissensaustausch und gemeinsame Technologieentwicklung sowie internationale Zusammenarbeit auf der Grundlage von Gleichberechtigung und Befähigung unterstützt.

„Weiterer Aufschub ist keine Option“

In dieser Zeit der vielen Krisen konzentrieren sich die Regierungen verständlicherweise auf kurzfristige Lösungen. Aber wenn wir heute die richtigen Hebel für den Wandel ansetzen, hat die Welt eine gute Chance, weitere Pandemien, Kriege und eine katastrophale globale Erwärmung abzuwenden.

Wenn die Vereinten Nationen es versäumen, die Umsetzung in den Mittelpunkt der COP-Gipfel zu stellen, wird die Welt die Emissionen nicht im Einklang mit dem Pariser Abkommen reduzieren, und es wird schwieriger, wenn nicht gar unmöglich werden, eine nachhaltige, gerechte und gesunde Erde für alle zu gewährleisten.

Dieser Wandel muss bei den Vorbereitungen für die COP28 in den Vereinigten Arabischen Emiraten in diesem Herbst in den Vordergrund rücken. Führungsstärke ist mehr denn je gefragt; ein weiterer Aufschub ist keine Option.

Sandrine Dixson-Declève ist eine belgische Umweltwissenschaftlerin und Expertin für Energiepolitik. Sie hat insbesondere europäische Regierungen und internationale Organisationen wie die OECD und die UN in Fragen des Klimawandels und einer sauberen Energieversorgung beraten. Seit Oktober 2018 leitet sie gemeinsam mit der Südafrikanerin Mamphela Ramphele den Club of Rome. Ihr Standpunkt ist eine überarbeitete Version eines offenen Briefs für eine COP-Reform.

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