Standpunkt
Letzte Aktualisierung: 17. Dezember 2021
Seid gegrüßt, Genossen!
Von Johnny Erling

Chinas Kommunisten sollen auch nach 100 Jahren stolz auf ihre proletarische Anrede „Genosse“ (同志 tongzhi) sein. So will es ihre Führung. 1921 schrieben sie ins Gründungsstatut: „Wer der Partei beitreten will, loyal ihr Programm und ihre Politik anerkennt und von einem anderen Mitglied empfohlen wird, ist ungeachtet von Geschlecht oder Nationalität unser Genosse.“ Seit Beginn der Reformen aber blätterte der Lack vom Wort Genosse ab. Lokale Parteibonzen ließen sich lieber „Boss“ rufen. Schlimmer noch: Nach der sexuellen Emanzipation in der Gesellschaft kaperte sich die LGBTQ-Bewegung den obsolet gewordenen Begriff. In der Szenesprache wurde aus Genosse eine Anrede zwischen Lovern des gleichen Geschlechts. 2016 eroberte die KP ihr Wort zurück. Seither müssen sich wieder „innerparteilich alle ohne Ausnahmen Genossen nennen.“
