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wieder und wieder tauchen neue Berichte über die schreckliche Situation in den Lagern in Xinjiang auf. Am Dienstag veröffentlichte ein internationaler Medienverbund neues, brisantes Material. Dazu gehören Tausende Häftlingsfotos und authentische Aufnahmen aus den Gefängnissen, aber auch Details zum Schießbefehl und den Folterwerkzeugen. Das Leak belegt auch: Der Betrieb der Lager ist von Peking aus angeordnet und nicht etwa eine Idee örtlicher Kader.
Es folgte ein Aufschrei besorgter Bundespolitiker: Außenministerin Annalena Baerbock forderte von China eine Aufklärung der „schwersten Menschenrechtsverletzungen“. „Samtpfötigkeit“ aufgrund unserer wirtschaftlichen Interessen dürfe es nicht geben, sagte Finanzminister Christian Lindner. Er mahnt dazu, die KP mehr auf die Menschenrechtslage anzusprechen.
Doch reicht das? Während die Merkel-Regierungen sich rühmten, die Probleme hinter den Kulissen ernsthaft „anzusprechen“, wurden die Lager überhaupt erst errichtet. In Xinjiang wird heute nach allem, was wir wissen, eine komplette Bevölkerungsgruppe total überwacht, große Teile werden zur Umerziehung in Lager gesteckt. Die Uiguren dürfen keine Uiguren mehr sein, so die fixe Idee der Verantwortlichen in Peking. Die mahnenden Worte westlicher Politiker haben sie nicht von ihrer Umsetzung abgehalten.
Neben der Diplomatie gibt es andere Anstrengungen, um Menschenrechte durchzusetzen. Doch auch die geplanten Lieferketten-Gesetze werden kaum wirken. Chinesische Solar-Unternehmen verlagern ihre Produktion zunehmend in Regionen außerhalb Xinjiangs. Die Exporte und internationalen Lieferketten wären also scheinbar sauber. Für den Heimatmarkt greifen die Solar-Hersteller Experten zufolge jedoch weiterhin auf Vorprodukte aus Xinjiang zurück, die Berichten zufolge von uigurischen Zwangsarbeitern hergestellt werden.
Die große Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von China sei vor dem Hintergrund der Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang „besonders bedrückend“, sagt Christian Lindner. Mindestens genauso bedrückend: wie spät die deutsche Politik ihr Umdenken gegenüber China einleitet. Eine frühe Verringerung der Abhängigkeit hätte vielleicht kurzfristig manchen Milliardengewinn eines Dax-Konzerns gedämpft. Dafür hätte sich aber langfristig ein Teil der Abhängigkeit gar nicht herausgebildet, die jetzt unternehmerisch und geopolitisch zur Belastung wird.
Nico Beckert

Analyse
Neue Dokumente aus Xinjiang belasten die chinesische Regierung

Marcel Grzanna
Zum Besuch der UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet hatten sich die chinesischen Gastgeber ein besonders spitzfindiges Geschenk ausgedacht. Außenminister Wang Yi überreichte der Chilenin eine englischsprachige Fassung von Staatschef Xi Jinpings „Respekt und Schutz der Menschenrechte“ – eine Sammlung von Reden und Essays des Parteichefs. Die medial in Szene gesetzte Übergabe, die das Außenamt plakativ über soziale Medien in der Welt verbreitete, bekam nur wenige Stunden später eine hochgradig zynische Fußnote.
Kaum hatte Bachelet die Gelegenheit, in dem Werk zu blättern, da veröffentlichte ein Konsortium von 14 internationalen Medien aus elf Ländern, darunter das Nachrichtenmagazin Der Spiegel und der Bayerische Rundfunk, das Resultat einer wochenlangen Recherche namens Xinjiang Police Files. Tausende Fotos, vertrauliche Dokumente und umfangreiche Datensätze liefern darin neue Beweise für das brutale Vorgehen chinesischer Behörden gegen muslimische Uiguren in der autonomen Region Xinjiang.
Die Dateien werfen ein Licht auf die Kriminalisierung und Folterungen von Uiguren in Internierungslagern. Sie entlarven die chinesische Darstellung der Camps als Ausbildungszentren, die freiwillig besucht würden, als falsch. Fotos zeigen Gefangene, die in Handschellen und Fußfesseln durch die Gänge eines Lagers laufen. Zudem offenbaren als vertraulich klassifizierte Reden von hochrangigen Politikern aus dem Staatsrat und der Provinz die unmittelbare Verstrickung des engsten chinesischen Führungszirkels in den Aufbau eines Systems der Umerziehung, das mit Waffengewalt und dauerhaften Verletzungen von Menschenrechten durchgesetzt wird.
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