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Olympia war immer auch ein Medienthema. Das war schon bei den ersten Spielen der Neuzeit im Jahr 1906 so, als Korrespondenten die Ergebnisse und ihre Eindrücke in die Welt hinaus telegrafierten. Es hatte eben schon damals wenig Sinn, ein globales Sportereignis nur vor Zuschauern vor Ort stattfinden zu lassen. Und schon damals berichtete die Presse auch viel aus dem Gastgeberland: von der Partystimmung in Athen und nächtlichen Fackelumzügen, aber auch von organisatorischem Chaos. Im Jahr 1924 waren dann bereits 1.000 Journalisten vor Ort in Paris dabei.
Seitdem haben sich die Berichte über das Gastgeberland zu einer entscheidenden Motivation dafür entwickelt, die teuren Spiele auszutragen. Im Jahr 2008 war dieses Kalkül für China aufgegangen: Die aufstrebende Großmacht ist unterm Strich mit einem dicken Plus für das eigene Image aus dem Projekt herausgegangen. In diesem Jahr droht dagegen ein dickes Minus auf dem Konto der öffentlichen Meinung – zumindest in Weltgegenden wie Europa und den USA, wo Menschenrechtsfragen eine Rolle spielen.
Die chinesische Regierung versucht daher derzeit im Rahmen ihrer Möglichkeiten, die mediale Darstellung unter Kontrolle zu bekommen (und sie liebt Kontrolle über alles). Da sie bei den klassischen Medien der demokratischen Länder nur noch wenig ausrichten kann, umgeht sie diese nach Möglichkeit. Die staatliche Propagandaschmiede produziert beispielsweise Videos, die ein heiles Xinjiang zeigen. Nicht nur das, auch in den USA werden Video-Persönlichkeiten dafür bezahlt, Olympia 2022 zu bejubeln, wie in der heutigen Ausgabe Fabian Peltsch berichtet. Das ist selbstverständlich völlig legal. Es zeigt aber, wie die Strukturen der offenen Gesellschaft von außen gekapert werden können.
Morgen, am Freitag, gehen die Spiele dann los und dauern dann bis zum 20. Februar. Dieses Mal sind 3.000 Journalisten für das Ereignis akkreditiert. Marcel Grzanna hat sich angesehen, welche Ratschläge die Organisation Reporter ohne Grenzen ihnen auf den Weg mitgibt. Auch hier geht es um Kontrolle über die Wahrnehmung des Landes. TV-Sender sollten keine vorproduzierten Bilder aus China übernehmen, sondern möglichst selber drehen. Und die Berichterstatter:innen sollten zwischen Partei, Volk und Nation unterscheiden. Die KP repräsentiert nicht unbedingt das ganze Volk, und auch „China“ ist nicht unbedingt deckungsgleich mit den Vorstellungen der Kommunisten von ihrem Land.
Es ist zugleich etwas bedauerlich, dass so kurz vor den Spielen die Politik so im Vordergrund steht. Wäre es nicht viel schöner, sich endlich etwas über den Sport zu freuen? Müssen wir alles immer schlecht machen? Doch es ist eben nicht nur Corona, das die Stimmung verdirbt. Olympia ist keine Maschinenbaumesse. Schon zu den Spielen 1924 in Paris wurde die Olympische Charta formuliert. Hinter den Spielen steht eine Philosophie, die zur Selbstverbesserung der Menschen und der Gesellschaft aufruft. Die Spiele haben zwar immer wieder in Ländern mit allen möglichen Verfassungen und Regierungsformen stattgefunden. Doch gerade Chinas dreiste Heile-Welt-Propaganda löst heute eine allergische Reaktion in der freien Welt aus. Wäre das Land zumindest ein wenig transparenter, offener und ehrlicher, zumindest so wie 2008, dann wäre auch die Gegenreaktion nicht so groß.
Finn Mayer-Kuckuk

Analyse
Influencer sollen das Image von Olympia 2022 aufpäppeln
Fabian Peltsch
Die chinesische Regierung manipuliert schon seit Mitte der Nullerjahre gezielt das Meinungsbild in den USA und Europa mit bezahlten Kommentaren in Online-Foren. Nun entlohnt Peking ausländische Internet-User dafür, das ramponierte Image der Olympischen Spiele in Peking aufzubessern. So hat das chinesische Konsulat in New York eine US-amerikanische PR-Agentur beauftragt, junge Influencer einzukaufen, um in bezahlten Beiträgen das chinesische Narrativ im Westen zu verbreiten.
Vippi Media aus New Jersey hat demnach einen Vertrag in Höhe von 300.000 Dollar unterzeichnet, der vorsieht, im Vorfeld und während der Olympischen Spiele mindestens 3,4 Millionen Page-Impressions auf Social-Media-Kanälen wie Tiktok und Instagram zu erzielen, die sich vor allem an ein jüngeres Publikum richten. Das Ziel ist ausdrücklich, „interessante Dinge zu vor, während und nach den Spielen“ zu erzählen. Beispiele sind die Vorbereitungen der Sportler auf die Wettkämpfe, moderne Technik, emotionale Augenblicke oder Kulturdenkmäler in Peking.
Die Inhalte wurden dabei vorab in drei Bereiche aufgeschlüsselt. Demnach sollen 70 Prozent der Beiträge die chinesische Kultur in ein positives Licht rücken. Ein Fünftel hat zum Ziel, die guten chinesisch-amerikanischen Beziehungen zu feiern. Die Schwerpunkte der restlichen 10 Prozent werden vom chinesischen Konsulat je nach Bedarf eingebracht. Beispiele für die Themen sind Chinas Kampf gegen den Klimawandel und für Umweltschutz. Generell soll es ausschließlich um positive Botschaften über China gehen.
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