China
Vorsicht vor Führerstaaten + Wachsender Nationalismus
Liebe Leserin, lieber Leser,
der Begriff Führerstaat dürfte hier und da als provokant wahrgenommen werden, wenn er nicht im Zusammenhang mit dem Dritten Reich verwendet wird, sondern als Beschreibung der Volksrepublik China im Jahr 2022. Die Autoren unseres heutigen Standpunktes, Wolfgang Ischinger, der frühere Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, und Sebastian Turner, Gründer von Table.Media und Herausgeber des China.Table, werden sich dessen bewusst sein. Deswegen stellt sich die Frage, weshalb sie diese Rhetorik verwenden.
Reine Provokation, um größtmögliche Aufregung zu erzeugen, ist als Beweggrund untauglich. Tatsächlich rüttelt die Etikettierung der zweitgrößten Volkswirtschaft als Führerstaat am Glauben derer, die eine positive Werteentwicklung im Land erkennen. All jenen, die eisern daran festhalten wollen, das Gute in den menschenveachtenden Ausprägungen autokratischer Staatsführung zu sehen, soll vermittelt werden, welch gefährliches Wesen die chinesische Diktatur in sich trägt.
Es geht schließlich nicht um ein paar Bürgerrechte, die 1,4 Milliarden Menschen vorenthalten werden. Es geht um das dominierende Politikmodell des 21. Jahrhunderts und vermutlich lange darüber hinaus. Und wer ein aufrichtiges Interesse daran hat, das liberal-demokratische Modell zu verteidigen, der muss sich im Klaren sein, dass Wohlwollen Im Umgang mit bedeutendene Diktatuen der Weltgeschichte noch nie fiunktioniert hat.
