- Peking im Ukraine-Konflikt – ein geopolitischer Balanceakt
- Finanz-Sanktionen: Bietet China einen Ausweg mit dem Yuan-Handel?
- Russland und Chinas Pakt für Öl und Gas
- Termine der kommenden Woche
- Taiwan stützt Russland-Sanktionen im Tech-Sektor
- Gemischte Reaktionen in chinesischen sozialen Medien
- Marktbeschränkungen für russischen Weizen abgeschafft
- Standpunkt von Sigmar Gabriel: Es geht um mehr als um die Ukraine
am Donnerstagmorgen sind wir aufgestanden und sahen uns den Fernsehbildern des russischen Angriffs auf die Ukraine ausgesetzt. Nicht viel war am Morgen klar; erst mit der Zeit verdichtete sich der Eindruck einer umfassenden Attacke auf das Land aus so ziemlich jeder Himmelsrichtung. Am China.Table war uns klar, dass wir diesem nun militärisch ausgetragenen Konflikt eine Sonderausgabe widmen müssen. Denn China ist mehr als ein Zuschauer bei diesem Krieg.
Das offizielle Peking vollführte am Donnerstag einen fast atemberaubenden Balanceakt, wie Michael Radunski analysiert. Das bedeutete ein Festhalten am Grundprinzip der territorialen Unantastbarkeit der Ukraine bei gleichzeitigem Verständnis für die Aktionen Russlands. Chinas Außenministerium schaffte es gar zu leugnen, dass es sich bei dem Angriff um eine Invasion handele. Es klang, als habe Peking alternative Fakten zur Verfügung. Und nach wie vor hängt die Sorge vor einer Attacke auf Taiwan in der Luft.
Tatsache ist, dass China Russland im Falle umfassender Finanzsanktionen des Westens beispringen könnte. Wie Finn Mayer-Kuckuk analysiert, hat die Volksrepublik bereits ein alternatives Finanzsystem für Transaktionen mit chinesischen Yuan aufgebaut. Rund 17 Prozent des Handels mit Russland wickelt China bereits in Yuan ab. Doch auch hier gibt es Fragen: Wird Peking westliche Sanktionen auf diese Weise unterlaufen? Und würde Putin tatsächlich in Yuan handeln wollen?
Eine stärkere Zusammenarbeit zwischen den beiden Großmächten steht auch im Energiesektor bevor, wie Frank Sieren analysiert. Die Anfang Februar in Peking vereinbarte Gaspipeline Power of Siberia 2 könnte Gas aus Ölfeldern nach China pumpen, die bislang nur Europa speisen. Putin schafft sich damit eine Alternative, falls die EU den Gasimport stoppt. Und auch dabei könnte der Yuan als Zahlungsmittel fungieren.
Mehrere Politiker im Westen betonten, dass Europa mit dem gestrigen Tag in eine neue Realität eingetreten ist. Dass nichts mehr so sei, wie zuvor. Ob das auch im Zusammenhang mit China der Fall ist, werden die kommenden Wochen zeigen.
Christiane Kühl

Analyse
Chinesische Dialektik im Russland-Ukraine-Konflikt

Michael Radunski
Es ist ein atemberaubender Balanceakt, den China derzeit in der Russland-Ukraine-Krise aufführt. Während Russlands Präsident Wladimir Putin seine Truppen in die Ukraine schickt und aus allen Teilen des Landes Raketenangriffe gemeldet werden, übt sich die Führung in Peking in chinesischer Extrem-Dialektik. Das heißt: Festhalten an der Souveränität und Territorialität der Ukraine – und gleichzeitig keine Verurteilung des russischen Angriffs, der just diese Souveränität und Territorialität in Stücke reißt.
Um einen derartigen Gedanken-Spagat hinzubekommen, bestritt das Außenministerium in Peking am Donnerstag, dass es sich bei dem russischen Vormarsch überhaupt um eine Invasion handelt. „Das ist vielleicht ein Unterschied zwischen China und Ihnen Westlern. Wir werden nicht zu einem voreiligen Schluss kommen“, erklärte Außenamtssprecherin Hua Chunying auf der täglichen Pressekonferenz.
China: Keine Invasion, keine Sanktionen
Auch dass selbst die chinesische Botschaft in Kiew zu diesem Zeitpunkt die eigenen Staatsbürger vor Explosionen warnt und von Kriegszustand spricht, konnte Hua nicht von ihrer Linie abbringen. Sie sprach lieber von einem „sogenannten Angriff“. „In Bezug auf die Definition einer Invasion denke ich, dass wir auf die aktuelle Situation in der Ukraine zurückkommen sollten. Die Ukraine-Frage hat einen anderen, sehr komplizierten historischen Hintergrund, der bis heute andauert. Es ist vielleicht nicht das, was jeder sehen möchte.“ Am Donnerstag wird deutlich: China hat jedenfalls einen ganz eigenen Blick auf die Lage.
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