- Menschenrechtsanwalt Teng Biao zum Fall Peng Shuai
- Wie innovativ ist China wirklich?
- Evergrande: Elektroautos als letzter Strohhalm
- Termine der kommenden Woche
- Peking hofft auf Kooperation mit Berlin
- Neuauflage der EU-Sanktionen wahrscheinlich
- CO2-Ausstoß sinkt erstmals seit Pandemie-Beginn
- Washington erweitert Schwarze Liste
- Haftstrafe für Hongkonger Aktivisten Tony Chung
- Im Portrait: Tamás Matura – China-Kenner aus Budapest
Liebe Leserin, lieber Leser,
berechtigterweise prasselte in den vergangenen Tagen die Kritik auf IOC-Chef Thomas Bach ein. Die Organisation hat sich von Pekings Propaganda-Maschine vor den Karren spannen lassen. Bachs Videotelefonat mit der Tennisspielerin Peng Shuai sollte der Welt Weise beweisen, dass es der 35-Jährigen gut gehe. Doch auch Videoaufnahmen belegen absolut nichts, sagt der Menschenrechtsanwalt Teng Biao.
Er hat mit unserem Autor Marcel Grzanna über sein Verschwinden vor gut zehn Jahren gesprochen. 70 Tage lang wurde Teng damals von der Staatssicherheit eingesperrt und gefoltert. Er vermutet, dass Peng Shuai zwar nicht körperlich verletzt, aber unter massiven psychischen Druck gesetzt wird. „Ziel ist es, dass die Angst der Opfer so groß wird, bis sie bereit sind, alles zu tun, um die Konsequenzen zu vermeiden“, schildert Teng das Vorgehen der Behörden im Gespräch mit China.Table.
Für Peking ist der Fall der bekannten Sportlerin besonders schwierig – nur wenige Monate vor Beginn der Olympischen Winterspiele hat die Causa das Potenzial, Moral und Charakter der mächtigsten Männer des Landes ins Scheinwerferlicht zu zerren. William Nee von Chinese Human Rights Defenders (CHRD), einem internationalen Netzwerk von Menschenrechtsorganisationen, vermutet, dass die Regierung „noch immer an einer Lösung bastelt, wie sie die Angelegenheit am besten regeln will.“
Und ob Peng Shuai jemals wieder auf dem Platz stehen und ihre Sportkarriere verfolgen kann, ist mehr als fraglich.
Analyse
Peng Shuai verschleppt – Freiheit erst nach Selbstkritik?
Schlafentzug, Schläge und stundenlanger Schneidersitz: 70 Tage lang wurde der Menschenrechtsanwalt Teng Biao im Jahr 2011 von chinesischen Sicherheitskräften psychisch und physisch gefoltert. 70 Tage lang blieb der heute 48-Jährige wie vom Erdboden verschluckt – weggesperrt in einem Hotel, das Polizei und Staatssicherheit für ihre Zwecke umfunktioniert hatten. Familie und Freunde wussten nichts über Tengs Verbleib. Sein Vergehen: Er hatte versucht, chinesische Gesetze beim Wort zu nehmen und Opfer von Menschenrechtsverletzungen gegenüber dem Staat zu verteidigen.
Zehn Jahre später blickt Teng aus seinem US-amerikanischen Exil auf den Fall der Tennisspielerin Peng Shuai. „Sie ist eine sehr prominente Persönlichkeit. Ich glaube daher nicht, dass man sie körperlich foltert. Aus eigener Erfahrung aber weiß ich, dass man sie unter enormen psychischen Druck setzt„, sagt Teng im Gespräch mit China.Table.
Peng wirft einem der mächtigsten Politiker des Landes vor, sie vergewaltigt zu haben. Ihre öffentliche Anklage über den Kurznachrichtendienst Weibo war Anfang November der Auslöser für ihr Verschwinden. Zwar legen über Staatsmedien verbreitete Fotos und Videos in den vergangenen Tagen den Eindruck nahe, dass Peng körperlich unversehrt ist. Dass sie sich jedoch frei bewegen kann, wie die Bilder suggerieren, glaubt außerhalb Chinas niemand. „Ich gehe davon aus, dass sie in einem Hotel festgehalten wird und nicht weiß, was draußen vor sich geht“, sagt Teng.
- Menschenrechte
- Olympia
- Peng Shuai
- Teng Biao
Jetzt weiterlesen
… und 30 Tage kostenlos dieses Professional Briefing kennenlernen.
Sie sind bereits Gast am China.Table?