China
Sterbehilfe + Private Unternehmen
Liebe Leserin, lieber Leser,
der Tod ist wohl weltweit eines der Themen, die wir alle gern meiden. Wie wir aus dem Leben scheiden – ob sanft entschlafend oder nach langer Krankheit – können wir kaum selbst bestimmen. Größte Schmerzen und ein Leiden bis zum Schluss kann man in einigen Ländern dank Sterbehilfe vermeiden. Als erste Stadt Chinas hat Shenzhen jetzt Patientenverfügungen gesetzlich verankert. Damit wird die Debatte um Sterbehilfe neu entfacht, wie Ning Wang berichtet. Shenzhen könnte ein Testlauf werden, mit dem die Behörden analysieren können, wie das Thema von den Menschen angenommen wird und wie das Gesundheitssystem damit umgehen kann. Das neue Gesetz gibt den Bürgern jedenfalls ein klein wenig Kontrolle über die letzte Entscheidung im Leben.
Den Eindruck absoluter Kontrolle hatte der Staat in jüngster Zeit in der heimischen Privatwirtschaft an den Tag gelegt. Tech-Unternehmen wurden gemaßregelt und mit Strafen belegt, Börsengänge kurzfristig ausgehebelt. Der Fahrdienstleister Didi sieht sich laut Insidern mit einer Milliardenstrafe konfrontiert. Viele Beobachter werteten die Maßnahmen als Teil einer neuen Tendenz zu mehr Staatsmacht in der Wirtschaft. Eine Studie des Peterson Institute for International Economics (PIIE) zeichnet jedoch ein anderes Bild. Dass der Privatsektor klein gehalten wird, sei angesichts der dort angeführten Zahlen nicht haltbar, schreibt Frank Sieren, der sich die Studie genauer angesehen hat. Der Gesamtumsatz der Privatunternehmen ist demnach in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich gestiegen, der Anteil an Unternehmen, die vom Staat kontrolliert werden, signifikant zurückgegangen. Dass die Freiheit der Privaten jedoch eng gesteckte Grenzen hat, beweisen die Parteizellen, die unter Xi Jinping in jedem Unternehmen eingerichtet werden mussten. Privatwirtschaft bedeutet in China eben doch etwas anderes als bei uns.
Ihr
Nico Beckert

