- Chinas Sozialkreditsystem noch wenig transparent und rechtssicher
- Peking greift nach Jack Mas Medienbeteiligungen
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sich in einem Markt rechtssicher bewegen zu können, ist essenziell für Unternehmen und Investoren. Das gilt in heimischen Gefilden und nimmt in seiner Bedeutung zu, wenn es um Engagements in Ländern mit großem politischen Einfluss auf das Marktgeschehen geht.
Peking etabliert seit einiger Zeit ein so genanntes Sozialkredit-System, das das Verhalten von Unternehmen zum Gegenstand öffentlicher Bewertung macht. Nico Beckert hat Wissenschaftler zu den Gefahren dieses Regulierungsinstruments für ausländische Unternehmen befragt und betroffene Unternehmen zu ihren Erfahrungen. Und obwohl das Instrument selbst noch in der Entstehungsphase ist, wird bereits deutlich: Wer in China wirtschaftlich tätig sein will, muss sich frühzeitig mit den Regularien befassen.
Die abrupte Absage des Börsengangs der Finanztochter von Alibaba sorgt seit dem vergangenen Jahr für zahlreiche Spekulationen über die Beweggründe. Während es dabei zunächst um Fragen der Finanzmarktregulierung zu gehen schien und auch die Beschneidung des Einflusses eines politisch missliebig gewordenen Unternehmenschefs Ma, mehren sich nun die Hinweise darauf, dass die chinesische Regierung auch auf die Medienbeteiligungen des Konzerns zugreifen will. Jörn Petring und Gregor Koppenburg analysieren die Hintergründe.
Antje Sirleschtov

Presseschau
Analyse
Chinas Sozialkreditsystem noch wenig transparent und rechtssicher
Nico Beckert
Adidas wird vorgeworfen, gegen Brandschutzbestimmungen verstoßen und Fluchtwege sowie Sicherheitsausgänge blockiert zu haben. Eine BMW-Tochter soll in ihrer Werbung Begriffe wie „national“, „höchste“ und „beste“ genutzt und somit, laut der Pekinger Stadtverwaltung für Industrie und Handel, gegen das Werbegesetz Chinas verstoßen haben. Und eine Tochterfirma von SAP soll gegen das Arbeitssicherheitsgesetz Chinas verstoßen haben. Diese Vorwürfe gehen aus einer der Datenbanken des Sozialkreditsystems Chinas hervor. Sie listet nicht viele Vergehen deutscher Unternehmen auf und die Anzahl der Positivmeldungen übersteigt die Zahl der vermeintlichen Vergehen bei weitem. Und dennoch: Das Sozialkreditsystem ist es ein heikles Themenfeld.
Mit dem Sozialkreditsystem baut China derzeit ein Regulierungssystem auf, das sich fundamental von westlichem Rechtsdurchsetzungsmechanismen unterscheidet. Es basiert auf der Veröffentlichung von Fehlverhalten und will über öffentliche Bloßstellung zur Einhaltung von Regeln und Gesetzen beitragen. „Zwar mussten sich ausländische Unternehmen auch in der Vergangenheit an die gesetzlichen Regeln halten, gleichwohl erhöht das System mit den Mechanismen des öffentlichen Bloßstellens die Risiken, die von Fehlverhalten ohne Vorsatz ausgehen können“, sagt die Sinologin Doris Fischer, die ein Forschungsprojekt zum Sozialkreditsystem leitet. Zusätzlich zu Reputationsrisiken, beinhaltet das System Sanktionen bei härteren Vergehen. Neben der Regulierung dient das System der Sammlung von Daten, „die eine Einschätzung der Kredit- und Vertrauenswürdigkeit vor allem von kleinen Unternehmen ermöglichen“, so Fischer.
Das Sozialkreditsystem soll in den kommenden Jahrzehnten zu einem bestimmenden Merkmal der datenbasierten Regierungsführung Pekings ausgebaut werden, wie eine aktuelle Analyse von Merics zeigt. Das System ist laut Merics aber nicht primär zur Überwachung individuellen Verhaltens gedacht. Dafür gäbe es eine Vielzahl anderer Systeme.
- Doris Fischer
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