- Bewegungsprofile lösen Sozial-Debatte aus
- Zeugnis einer Uigurin
- Bach und Peng wollen zu Mittag essen
- Frankreichs Parlament sieht Völkermord in Xinjiang
- Zwangsarbeit: EU wird US-Modell nicht kopieren
- „Where is Peng Shuai?“ doch erlaubt
- Keine religiösen Gruppenchats in Qinghai mehr
- US-Vorschlag sieht Sondergesandten für Xinjiang vor
- Neuer PLA-Chef in Hongkong
Regierungen halten die Vorstellung von Menschrechtsverbrechen gerne im Abstrakten. Und dort bleiben sie, bis jemand von ihnen im Detail erzählt. Erst dann wird uns wirklich klar, was es eigentlich bedeutet, wenn die universellen Grundrechte und die Würde eines Menschen durch staatliche Institutionen gebrochen werden. Die präzisen Bilder in unserem Kopf sorgen dafür, dass wir die Wucht der Anmaßung einer Regierung zu verstehen beginnen. Und es erklärt auch, weshalb die Volksrepublik China mit Drohungen und Gewalt zu verhindern versucht, dass Betroffene offen über Erfahrungen reden. Denn Zeugnisse über ihre Menschenrechtsverbrechen hinterlassen Wut, Trauer und Ekel.
Die Uigurin Mihrigul Tursun liefert so ein Zeugnis. Deshalb haben wir sie gefragt, was sie von der Ausrichtung der Olympischen Winterspiele in Peking hält, oder von deutschen Managern, die sich dumm stellen, weil sie Angst haben vor der Kommunistischen Partei. Ihre Antworten mögen ewartbar sein. Aber sie sagt trotz allem auch, dass sie Deutschland vertraue. So wie viele andere Uiguren setze sie darauf, dass die Bundesregierung in Menschenrechtsfragen richtig handele. Zeugnisse wie ihre schaffen eine Verpflichtung für uns alle.
Im Gegensatz zu Tursun wird die Tennisspielerin Peng Shuai möglicherweise nie mehr Zeugnis ablegen können, was in den vergangenen drei Monaten mit ihr geschehen ist. Schlicht und ergreifend, weil die Kommunistische Partei sie auf Lebzeiten daran hindern könnte. Nicht einmal dem IOC-Präsidenten Thomas Bach, den sie in den kommenden Wochen treffen soll, darf sie die Wahrheit sagen. Egal, was uns die PR-Abteilung des IOC nach dem geplanten Mittagessen erzählen wird: Glauben wir ihr kein Wort!
Marcel Grzanna

Analyse
Wie zwei Covid-Infizierte die Ungleichheit in Peking offenlegen
Wie in kaum einer anderen chinesischen Stadt prallen in Peking dekadenter Reichtum und bittere Armut so krass aufeinander: Im Ausgehviertel Sanlitun fahren die Söhne von Parteibonzen ihre knallbunten Ferraris spazieren, während an den Straßenecken greise Frauen in zerlumpter Kleidung um Almosen bitten. In den glitzernden Einkaufszentren führen die Kundinnen Designer-Taschen aus, die den Jahresverdienst der Rezeptionisten am Eingang um ein Vielfaches übersteigen. Die Ungleichheit ist deutlich sichtbar, und doch wird sie von den Hauptstadtbewohnern selten thematisiert oder gar kritisiert.
Ausgerechnet die ersten zwei Coronavirus-Infektionen des neuen Jahres haben nun die überfällige Debatte ausgelöst, wie sich der Sozialismus mit dieser Ungleichheit verträgt. Auslöser der Diskussion war die Veröffentlichung der Bewegungsprofile zweier sehr unterschiedlicher Pekinger Bürger.
Das erste der Bewegungsprofile gehört zu einer Frau aus dem gehobenen Haidian-Bezirk, wo die renommiertesten Schulen der Stadt angesiedelt und die Wohnungspreise dadurch überhitzt sind. Ihre Tage glichen einem Marathonlauf zwischen Nobel-Restaurants und Designer-Boutiquen. Und am Wochenende entspannte sich die Pekingerin beim Skifahren in den umliegenden Bergen.
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