Analyst Viking Bohman: Litauen sollte nicht klein beigeben
Wirtschafts-Staatssekretärin Brantner in Vilnius
Automarke Seres kommt nach Deutschland – ohne Huawei
BMW-Zahlen deutlich als besser die von VW
Ausweitung der Produktion von Solar-Rohstoff
Ungleichheit: China setzt auf sozialen Wohnungsbau
Zwei Uiguren vor der Auslieferung
Gespräche im Nahen Osten und um den Indischen Ozean
Portrait: Carsten Liske von Chiron
Personalie: Michael Müller wird China-Berichterstatter der SPD
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Grünen-Politikerin Franziska Brantner ist Staatssekretärin im neu formierten Wirtschaftsministerium unter Robert Habeck. Am Dienstag war Brantner zu Gesprächen in der litauischen Hauptstadt. Die Wahl des Reiseziels war für die ehemalige EU-Abgeordnete natürlich kein Zufall. Brantner zeigte Unterstützung für Litauen, das aufgrund eines Taiwan-Büros mit China aneinandergeraten war.
Der schwedische Ex-Diplomat und Politikberater Viking Bohman ordnet den Vorgang für uns ein. Im Interview mit Amelie Richter erklärt er: „Es wäre schlecht für die EU und ihre Glaubwürdigkeit, wenn es China schafft, dass Litauen von seiner Position zurückweicht.“ Es gehe hier nicht ums Gewinnen und Verlieren, sondern um Realpolitik. Aus einem Rückzieher würde Peking lernen, dass Einschüchterungstaktiken gegenüber Europa funktionieren
Bei der Vorbereitung des künftigen EU-Instruments gegen wirtschaftlichen Druck befürchtet Bohman derweil eine fatale Fehleinschätzung. Die Strategie basiere auf der Annahme, dass China sein Verhalten ändert, sobald die EU so ein Instrument habe. Das sei falsch. Zwar treibe die EU die wirtschaftlichen Kosten für Einschüchterungsversuche hoch. Doch das China unter Xi sei bereit, diese Kosten für seine Politikziele in Kauf zu nehmen. Das Ergebnis wären immer neue, ermüdende Grabenkämpfe, wie wir sie derzeit schon um Litauen erleben.
Die Vorbereitung des Anti-Zwangs-Instruments ist damit ein gutes Beispiel für den schlechten Informationsstand über China, den der Sinologe Klaus Mühlhahn bereits im China.Table beklagt hat. Politische Entscheidungen mit großer Tragweite fallen derzeit ohne die Möglichkeit, Chinas Reaktion im Vorhinein einschätzen zu können.
Ist Huawei nun unter die Autohersteller gegangen oder nicht? Wir klären die Frage in unserem Portrait des chinesischen Unternehmens Seres, das Kooperationspartner von Huawei ist. Der Elektroauto-Spezialist hat eine bewegte Firmengeschichte hinter sich, an der auch deutsche Manager mitgewirkt haben.
Ihr
Finn Mayer-Kuckuk
Interview
„Die EU kann viel von Litauens Vorgehen lernen“
Viking Bohman war Diplomat und ist jetzt Außenpolitik-Experte am Swedish National China Centre.
Das Litauen-Drama geht weiter: Das deutsche Wirtschaftsministerium sichert dem baltischen Land Unterstützung zu, während Taiwan die Wirtschaftshilfe hochfährt. Der schwedische Analyst Viking Bohman hat sich intensiv mit Chinas Strategie des wirtschaftlichen Drucks auseinandergesetzt. Er sieht das harte Vorgehen Pekings zwar als kontraproduktiv für die eigenen Interessen. Dennoch kann China der EU damit massiv schaden. Mit Bohman sprach Amelie Richter.
Litauen ist das jüngste Beispiel für wirtschaftliche Erpressung aus Peking, aber nicht das erste. Können Sie uns einen kleinen Überblick geben?
Diese Art der wirtschaftlichen Staatskunst, die derzeit aus Peking kommt, ist nichts Neues. Andere Länder waren in den letzten Jahren von ähnlichen und teilweise umfangreicheren Zwangsmaßnahmen betroffen: Australien, weil dieses eine Untersuchung der Ursprünge des Covid-19-Virus gefordert hat. Kanada nach der Festnahme von Huaweis Meng Wanzhou. Und Südkorea nach seiner Entscheidung, ein US-Raketenabwehrsystem zu installieren. Auch in der Europäischen Union, beispielsweise in Schweden, gab es viele Fälle, in denen wirtschaftlicher Zwang in Form von Reisewarnungen zur Einschränkung des Tourismus, Absagen von Wirtschaftsdelegationen und -gesprächen und Druck auf einzelne Unternehmen ausgeübt wurde. Das war zuletzt eine Reaktion auf die Entscheidung, Huawei und ZTE von Teilen des schwedischen Telekommunikationsnetzes auszuschließen. Was aber in Litauen passiert, ist im Vergleich zu dem, was wir davor gesehen haben, ein ganz neues Niveau.
Haben die wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen aus China in den vergangenen Jahren zugenommen?
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