- Ukraine-Krieg trifft auch die Schienen-Seidenstraße
- Berichte aus dem Krieg – mit strengen Regeln
- Tech-Firmen fürchten Sanktionen
- Xi und Biden greifen zum Hörer
- Envision liefert Akkus an Mercedes
- ICT bestätigt Tod des tibetischen Künstlers Norbu
- Betrug bei CO2-Prüfungen
- Bericht: Friedrich wird Chef der deutsch-chinesischen Parlamentariergruppe
- Johnny Erling: Chinas Sprache bleibt vergiftet
die Sprache bestimmt das Bewusstsein. Wenn gebräuchliche Begriffe ganze Gruppen von Menschen herabsetzen und gegen sie aufstacheln, dann setzt sich das im Denken fest. Johnny Erling warnt heute in seiner Kolumne vor Chinas erstarrter Freund-Feind-Sprache. Die Propaganda hat sie unter Mao eingeführt und nie richtig ausgemistet. In Zeiten internationaler Konflikte ist es gefährlich, vermeintliche Gegner mit Tiernamen zu belegen und keinen Raum für Selbstzweifel zu lassen. Aber Chinas Diplomaten glauben lieber an den „anti-chinesischen Chor“ im Westen, als die toxischen Begrifflichkeiten im eigenen Land zu hinterfragen.
Was erfährt China über den Krieg in der Ukraine? In einer Auswertung haben wir am Dienstag bereits versucht, das Bild in den chinesischen Medien auszuleuchten. In der heutigen Ausgabe beschreibt Amelie Richter, welche Reporter für Chinas private und staatliche Kanäle in der Ukraine unterwegs sind und was sie antreibt. Ein objektives Bild vom Krieg gibt es natürlich nicht. Umso wichtiger ist es zu verstehen, welche Deutung der Ereignisse sich in China festsetzt. Auch für die Bewertung der möglichen Rolle Pekings bei der Beendigung der Invasion.
Derweil ziehen die ökonomischen Auswirkungen immer weitere Kreise. In zwei weiteren Texten betrachten wir die aufkommenden Störungen der Schienenverbindungen und die Furcht chinesischer Konzerne vor US-Sanktionen. Julia Fiedler hat Logistiker befragt, ob die Seidenstraßen-Züge weiterhin rollen. Das tun sie zwar. Doch Probleme ergeben sich an anderer Stelle. Versicherer könnten Ärger machen, wenn die kostbaren Waren durch das sanktionierte Russland reisen. Die Folge: Stornierung von Fracht.
Die indirekte Wirkung von Sanktionen bringt auch die chinesischen Großkonzerne ins Grübeln. Sie zögern, in die Lücke zu stoßen, die der Rückzug westlicher Firmen hinterlässt, analysiert unser Team in Peking. Die Verhaftung der Huawei-Finanzchefin im Zusammenhang mit Iran-Sanktionen hat bereits gezeigt, wo die USA den Hebel ansetzen können. Und ganz Russland ist wirtschaftlich nicht größer als so manche chinesische Provinz. Die Anti-Putin-Allianz dominiert dagegen den Weltmarkt.
Finn Mayer-Kuckuk

Analyse
Störungen auf der Schienen-Seidenstraße

Die „eiserne Seidenstraße“ ist längst keine romantische Idee mehr, sondern eine Realität des Gütertransports zwischen China und Europa. Die Pandemie hatte dem Transport per Zug sogar einen regelrechten Boom beschert. Im Jahr 2021 wurden auf der Schiene Waren im Wert von knapp 70 Milliarden Euro von Ost nach West transportiert – 50 Prozent mehr als 2020. Und zehnmal so viel wie noch 2016. Vor allem Maschinenteile, Autoteile, Elektronik, aber auch andere Produkte wie Metall- und Chemieerzeugnisse oder Kleidung stecken in den Containern.
Doch wegen des Kriegs in der Ukraine steht die Verlässlichkeit der Schienenwege infrage. Knackpunkt sind bisher weniger die Kämpfe selbst. Denn die gängigen Routen verlaufen ohnehin nicht durch die Ukraine. Die Sorge gilt stattdessen rechtlichen Problemen wie Sanktionen und dem Versicherungsschutz. „Es wäre keine Überraschung, wenn Unternehmen, die ihre Waren vor der Invasion auf der Schiene versenden wollten, nun auf den langsameren, aber zuverlässigeren Seeweg umsteigen“, sagt Jacob Gunter, Wirtschaftsexperte bei dem Forschungsinstitut Merics. Gunter sieht die Unsicherheit durch das sich schnell ändernde geopolitische Umfeld als erhebliches Risiko für den Güterverkehr auf der Schiene. Das werde die Probleme der Lieferkette verschärfen, da zuletzt viele Transporte auf die Schiene verlagert wurden.
Die Auswirkungen zeigen sich bereits in der Praxis. Obwohl die Züge bislang zuverlässig rollen, stornieren Unternehmen zum Teil ihre Buchungen für Schienentransporte, berichtet ein Sprecher der Duisburger Hafen AG. Der Hafen ist nach Hamburg das zweitwichtigste Terminal für die Güterzugverbindung Deutschland-China. Eine häufige Befürchtung der Unternehmen sei, dass internationale Versicherer den Versicherungsschutz durch Belarus und Russland kündigen könnten, so der Sprecher.
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