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es war ein verheißungsvolles Versprechen, das Deng Xiaoping einst im Namen der Volksrepublik abgab: 一国两制 (yì guó liǎng zhì) – „ein Land, zwei Systeme„. Es gäbe nur ein China, so Deng. Aber in diesem China könnten durchaus unterschiedliche Systeme fortbestehen – beispielsweise in Hongkong. Großbritannien ging darauf ein: Einerseits konnte man so dem Druck Pekings nachgeben, die Kolonialzeit zu beenden und Hongkong nach Jahrzehnten der Fremdherrschaft wieder an sein Mutterland zurückzugeben. Andererseits wollte man so den westlich orientierten Bürgern Hongkongs zusichern, dass das autoritäre Peking nicht sämtliche Freiheiten der Finanzmetropole abschaffen werde. 50 Jahre sollte das gelten.
Doch „ein Land, zwei Systeme“ scheint schon jetzt der Vergangenheit anzugehören. Marcel Grzanna zeigt in seiner Analyse, wie der Rücktritt zweier britischer Richter vom höchsten Gericht in Hongkong mit diesem Befund zusammenhängt. Und wie sich die Rolle jener ausländischen Richter in den vergangenen Jahren verändert hat. Denn spätestens seit Einführung des Nationalen Sicherheitsgesetzes dienten sie der Führung in Peking im Grunde nur noch als Feigenblatt. Grzannas Urteil: Die aktuellen Richter-Rücktritte verdeutlichen, wie stark die Unabhängigkeit der Hongkonger Justiz erodiert ist.
Unterdessen ist Shenzhen dabei, als erste Stadt der Welt, seine Hauptstraßen für autonom fahrende Autos freizugeben. Rund 4.000 Unternehmen in China sind mit dem automatisierten Fahrsektor verbunden, 20 Prozent davon sind in Shenzhen ansässig. Frank Sieren zeigt, wie es der High-Tech-Metropole im Süden Chinas gelingt, den Verkehr ohne Fahrer in den Alltag zu überführen.
Ob bei AutoX, DeepRoute oder Baidu – die Testläufe der chinesischen Anbieter sind bereits weit fortgeschritten. Und auch auf Seiten der Verwaltung wird mit Hochdruck gearbeitet. Denn mag nun zwar Trunkenheit am Steuer wegfallen, so müssen doch die Regeln für Cybersicherheit und Datenschutz angepasst werden. Sieren ist überzeugt: Shenzhens Pläne könnten als Blaupause für das ganze Land dienen.
Viele neue Erkenntnisse bei der Lektüre wünscht
Michael Radunski

Analyse
„Überfällige“ Rücktritte am höchsten Gericht Hongkongs

Marcel Grzanna
Der Sinneswandel von Lord Robert Reed benötigte sieben Monate. Noch im August des vergangenen Jahres hatte der Richter des Obersten Gerichtshofs des Vereinigten Königreichs die Justiz in Hongkong als „weitgehend unabhängig von der Regierung“ und deren Entscheidungen „im Einklang mit der Rechtsstaatlichkeit“ beurteilt. Auf Basis dieser Einschätzung setzten Reed und sein Amtskollege Lord Patrick Hodge ihre Tätigkeit als nichtständige Mitglieder am Court of Final Appeal (CFA), dem höchsten Gremium des Hongkonger Rechtssystems, bis auf Weiteres fort.
Vor wenigen Tagen folgte die Kehrtwende. Reed und Hodge beendeten ihre Berufung in den CFA mit einem Knall (China.Table berichtete). Die beiden Repräsentanten des britischen Obersten Gerichtshofs könnten ihre Tätigkeit nicht weiter fortsetzen, „ohne eine Regierung zu unterstützen, die sich von den Werten der politischen Freiheit und der Meinungsfreiheit entfernt hat“. So ihre Begründung. Ausschlaggebend für diese Entwicklung sei die Einführung des Nationalen Sicherheitsgesetzes in Hongkong im Juli 2020 gewesen. Es ist das erste Mal, dass ausländische Richter das Sicherheitsgesetz konkret für die Erosion der Hongkonger Demokratie verantwortlich machten.
Mehrere Rechtsexperten:innen wie Eva Pils, die bis 2014 an der Chinese University of Hongkong Rechtswissenschaft lehrte, bewerten den Schritt des britischen Duos gegenüber China.Table als „überfällig“. Andere kommentierten auf Twitter, so wie Eric Lai vom Georgetown University Law Centre in Washington: „Die Erklärung scheint zu implizieren, dass die Rücktritte Misstrauensvoten gegen die Stadtverwaltung sind.“
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