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für die Kommunistische Partei Chinas ist es zum Haareraufen. Da richtet sie ein Massaker unter der eigenen Bevölkerung an, und es gelingt ihr tatsächlich, dass nur wenige Aufnahmen von dem Blutvergießen den Rest der Welt erreichen. Das Ausmaß der Gewalt in der Nacht des 4. Juni 1989 gegen die eigene Bevölkerung, die nichts verlangte, außer mehr politische Teilhabe, bleibt somit stets im Raum des Ungefähren. Das sind gute Voraussetzungen für eine Diktatur, um die Bedeutung von Ereignissen herunterzuspielen.
Doch dann das: Am Morgen nach dem Massaker stellt sich ein Unbekannter auf der Chang’an Jie einer Panzerkolonne entgegen. Keine Gewalt, kein Blut. Und doch sind es diese wenigen Augenblicke, die sich der Welt ins Gedächtnis eingebrannt haben und die ihr auf ewig die Toten vom Tiananmen in Erinnerung rufen. Tank Man wurde zur Popkultur, zum Inbegriff des Widerstandes der Massen gegen die Unterdrückung. Das Bild von dem Augenblick, in dem er einer bis an die Zähne bewaffneten Staatsmacht mit zwei Einkaufstüten in den Händen gegenübertritt, schmückt heute T-Shirts und Poster und wurde von einer weltberühmten Comicserie aufgegriffen.
Tank Man ist wie ein Dorn im Auge der Kommunistischen Partei Chinas. Er symbolisiert bis heute, dass es eben doch keinen Konsens über den alleinigen Machtanspruch der KP unter 1,4 Milliarden Chinesen gibt. Zum Haareraufen.
Marcel Grzanna

Analyse
„Tank Man hat die Welt verändert“

Marcel Grzanna
Es sind nur rund drei Minuten, die am Vormittag des 5. Juni 1989 aus einem Mann einen Helden machen. Ein Unbekannter stellt sich auf der Chang’an Jie im Herzen Pekings, in unmittelbarer Nähe zum Platz des Himmlischen Friedens, einer Panzerkolonne der chinesischen Armee in den Weg. Ob der Mann ein aktives Mitglied der Demokratiebewegung ist, die in der Nacht zuvor mit vielen Leben für ihre Forderung nach politischer Teilhabe bezahlen musste, bleibt unklar. Dennoch geht sein Mut als letzter Akt des offenen Widerstandes dieser Tage und Wochen im Frühling vor 33 Jahren in die Geschichte ein.
Diese wenigen Augenblicke auf der Chang’an Jie haben sich förmlich in das Gedächtnis der Weltöffentlichkeit gebrannt. Bis heute strahlen sie eine Faszination aus, die eine globale Erinnerungskultur geschaffen hat, die es der Kommunistischen Partei Chinas unmöglich macht, das Tiananmen-Massaker an der eigenen Bevölkerung zu einer Randnotiz der Historie zu degradieren. Wer der Mann war, ist ebenso unklar, wie die Frage, ob er bestraft wurde, nachdem ihn mehrere Männer von der Straße geschoben hatten. Und dennoch ist sein Pseudonym bis heute in aller Munde.
Seine Bedeutung geht weit über die Erinnerung an die Verbrechen der KP des Jahres 1989 hinaus. „Dieser junge Mann hat die Welt verändert“, sagt Professor Bruce Herschensohn im Dokumentarfilm „Tank Man“ aus dem Jahr 2006. Herschensohn war einst Berater der US-Regierung um Richard Nixon und befasste sich intensiv mit kommunistischen Regimen. „Tank Mans Handeln hat den Wandel der Sowjetunion unterstützt“, glaubte der inzwischen verstorbene Herschensohn, der kurz nach den Ereignissen in Peking diverse osteuropäische Länder bereiste.
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