China
Nis Grünberg zu Xis Klimapolitik + Möglicher Premier Hu Chunhua
Liebe Leserin, lieber Leser,
in seiner knapp zweistündigen Rede am Sonntag hatte Xi Jinping einmal mehr Chinas Energiesicherheit betont. Doch er wiederholte auch, dass das Land den grünen Wandel weiter vorantreiben müsse. Eine Abkehr von Chinas Klimazielen muss man in Xis dritter Amtszeit also nicht erwarten. Spannend wird jedoch, wie er die Prioritäten setzt, wenn es hart auf hart kommt. "Wie schnell politische Instabilität und Versorgungsängste Klimaambitionen infrage stellen können, sehen wir ja momentan global", erklärt Nis Grünberg vom Merics-Institut im Gespräch mit Nico Beckert. Denn bei der Erfüllung der Klimafragen gehe es Chinas Staatschef vor allem auch um den eigenen Machterhalt, so der Energiepolitik-Experte. "Je unsicherer die Gesamtlage, desto unsicherer wird auch die Grüne Wende."
Wie fest Xi momentan im Sattel sitzt, zeigen unterdessen die offiziellen Bilder aus der Großen Halle des Volkes in Peking. Mal im Weitwinkel und mal in der Totalen bildet Xi den Mittelpunkt im Reich der Mitte. Keiner kann ihm das Wasser reichen, keiner kommt an ihn heran. Doch auch ein Alleinherrscher braucht einen loyalen Sidekick. Wer im März 2023 der neue Ministerpräsident an seiner Seite wird, kann man derzeit nur zwischen den Zeilen und allenfalls aus Gesten lesen.
Einer, der von Xi mit besonderer Aufmerksamkeit bedacht wird, ist Hu Chunhua. Der 59-Jährige ist der jüngste der vier Vize-Ministerpräsidenten Chinas unter Premier Li Keqiang, und derzeit für Armutsbekämpfung, Landwirtschaft und Handel zuständig. Für die deutsche Wirtschaft wäre Hu ein Wunschkandidat, sagt Frank Sieren. Er analysiert, dass Hu als glaubwürdiger und pragmatischer Krisenmanager gilt, wie er etwa beim Milchpulverskandal 2008 bewiesen hat. Aber noch wichtiger sei, dass Hu nie das Ziel einer weiteren Öffnung Chinas aus den Augen verloren habe. Noch im August dieses Jahres hatte er erklärt, China müsse den Handel und die Investitionen für ausländische Unternehmen weiter „liberalisieren und vereinfachen“. Unerhörte Töne in Zeiten von Entkopplung und Zero-Covid-Abschottung.
