- Ex-Staatschef Jiang Zemin gestorben
- Jiangs zweites Leben als Netz-Ikone
- Solartechnik mit gutem Gewissen
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- Wirtschaftliche Stimmung im Sinkflug
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es war der 12. November 1978 frühmorgens vor dem VW-Hochhaus in Wolfsburg. Am Eingang standen 14 Männer aus der Volksrepublik. Sie wirkten etwas verloren. Und in ihren schlecht sitzenden Anzügen machten sie nicht den Eindruck, Regierungsvertreter der bevölkerungsreichsten Nation der Welt zu sein.
Einer überreichte den VW-Vertretern ein Blatt, auf dem die Namen der Delegationsteilnehmer und ihre Funktionen aufgeführt waren. Telefonnummern standen nicht darauf. Später gestand einer der Delegationsteilnehmer, in ganz Peking habe es rechtzeitig vor Abreise keine Möglichkeit gegeben, Visitenkarten zu drucken. So rückständig war China damals noch.
Ein etwas hagerer Delegationsteilnehmer, der in der dritten Reihe stand, stellte sich als Direktor der Abteilung für Auswärtige Angelegenheiten im Maschinenbauministerium vor. Ansonsten sagte er wenig. Nur seine übergroße Brille fiel damals schon auf. Sein Name: Jiang Zemin. Er wurde 15 Jahre später Staatspräsident der Volksrepublik. Sein Besuch 1978 in Wolfsburg prägte ihn nachhaltig. In seiner Amtszeit bis 2003 stieg Volkswagen zur unangefochtenen Nummer eins auf dem chinesischen Automarkt auf. Nun ist Jiang mit 96 Jahren gestorben. Einen Nachruf hat Michael Radunski verfasst. Fabian Peltsch beschäftigt sich mit Jiang Zemins Bedeutung in der heutigen Pop-Kultur.
So ganz verbohrt scheint Chinas Führung nicht zu sein, wie es derzeit den Anschein macht – zumindest wenn es um Geschäfte geht. Das Land baut offenbar an einer zweiten Lieferkette, die frei von Polysilizium aus Xinjiang sein soll, wie Nico Beckert berichtet. Damit will die Führung drängende Fragen nach Menschenrechten beim Absatz seiner Produkte in Europa und den USA umgehen. Das dürfte vor allem einen im deutschen Wirtschaftsministerium freuen.
Felix Lee

Analyse
Der unterschätzte Strippenzieher

Michael Radunski
Jiang Zemin (江澤民) ist tot. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua am Mittwoch berichtete, ist der frühere chinesische Staats- und Parteichef an multiplem Organversagen infolge einer Leukämie-Erkrankung im Alter von 96 Jahren in Shanghai gestorben. Jiang war von 1989 bis 2002 Generalsekretär der Kommunistischen Partei. In einer Erklärung der KP heißt es: „Der Tod von Kamerad Jiang Zemin ist ein unschätzbarer Verlust für unsere Partei, unser Militär und unser Volk.“ Und: „Genosse Jiang Zemin ist unsterblich!“
Dabei wird Jiangs Leistung oftmals unterschätzt. In den Geschichtsbüchern erhält er zwischen den schier übergroßen Führern wie Mao Zedong, Deng Xiaoping und nun Xi Jinping meist nur wenig Platz. Zu Unrecht.
Als Jiang im Sommer 1989 zum Generalsekretär der KP ernannt wird, ist China ein Außenseiter in der Staatengemeinschaft. Die Führung hat gerade erst die Studenten- und Arbeiterproteste rund um den Tian’anmen-Platz brutal niederschlagen lassen. Die Aufbruchsstimmung der Reform- und Öffnungspolitik ist dahin. Es scheint, als würde China wieder unter der eisernen Knute der Autokratie verschwinden.
- Jiang Zemin
- KP China
- Tiananmen
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