Schriftsteller Liao Yiwu: „Ich kämpfe für die Wahrheit“
Chinas Lockdowns führen zu Stagflation in Europa
Null-Covid behindert Mais-Aussaat in Jilin
Erste Corona-Tote in Shanghai
Einreise: Verkürzte Quarantäne in mehreren Städten
Ausfuhrzahlen steigen deutlich
Peking kündigt Ratifizierung von ILO-Konventionen an
Zorn wegen Taipeh-Besuch aus den USA
Im Portrait: Sinologin und Politikwissenschaftlerin Katja Levy
Liebe Leserin, lieber Leser,
die aktuellen Bilder aus Shanghai seien schrecklich, fast unerträglich, sagt Liao Yiwu und schüttelt seinen kahlen Kopf. Eigentlich sollte es beim Treffen in seiner Berliner Wohnung um sein neues Buch „Wuhan – Ein Dokumentarroman“ gehen. Doch über dampfendem chinesischen Tee entspinnt sich ein spannendes Gespräch über die soziale Lage in der Volksrepublik.
Dabei sitzt dem kritischen Geist immerfort der Schalk im Nacken: Nachdenkliches über Chinas Gesellschaft wechselt bei ihm mit schlichten Späßchen über führende Politiker der Volksrepublik. Doch Liao ist ein getriebener Protagonist. „Ich kann nicht anders. Ich muss das alles aufschreiben, bevor die KP die Geschichte umschreibt“, sagt er und zeigt auf das volle Regal mit seinen Büchern, Essays und Gedichten. Was Liao Yiwu über Wahrheit in China, über die Gefahren für das Ausland und seinen Beitrag zu alledem zu sagen hat, lesen Sie in unserem heutigen Briefing.
Am Montag verkündete Chinas Statistikamt die aktuellen Wirtschaftszahlen: Im ersten Quartal wuchs das Bruttoinlandsprodukt um 4,8 Prozent. Angesicht von Corona-Pandemie und drastischen Lockdowns in Shanghai und anderen Regionen Chinas klingt ein Plus von fast fünf Prozent beachtlich. Doch Finn Mayer-Kuckuk warnt vor voreiligem Aufatmen. Chinas Wirtschaft steht vor weitreichenden Problemen – ob beim Einzelhandelsindex oder der Containersituation in den heimischen Häfen. Und damit nicht genug: Chinas Probleme werden sich direkt auf Europa auswirken.
Eine Lockerung des strengen Lockdowns in China käme für die nordöstliche Provinz Jilin jetzt schon empfindlich zu spät. Dort wird besonders viel Mais angebaut. Durch die Null-Covid-Politik Pekings gerät nun die Aussaat in Gefahr, schreibt Ning Wang. Denn Mais wächst nur einmal im Jahr und muss zur richtigen Zeit gesät werden. Zusammen mit dem Krieg in der Ukraine ergeben sich fast sicher Turbulenzen am internationalen Mais-Markt.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!
Ihre
Amelie Richter
Interview
„Deshalb fürchtet Chinas Führung die Wahrheit“
Liao Yiwu gilt in China als Staatsfeind.
Liao Yiwu ist einer der renommiertesten chinesischen Schriftsteller. Wegen seiner kritischen Haltung gegenüber der chinesischen Regierung sind seine Werke in China verboten. Mit „Wuhan – Dokumentarroman“ hat er nun ein neues Buch vorgelegt. Im Gespräch mit Michael Radunski spricht Liao Yiwu über Corona und Wahrheit in China sowie über die Folgen für das Ausland.
Herr Liao, die Menschen in Shanghai werden seit Wochen eingesperrt, Kinder teilweise von Ihren Eltern getrennt. Chinas Regierung ist überzeugt, nur mit ihrer strikten Zero-Covid-Strategie könne man das Virus besiegen. Wie bewerten Sie die Maßnahmen?
Die Null-Covid-Politik ist unmenschlich, sie widerspricht der Wissenschaft und dem gesunden Menschenverstand, aber leider werden die Experten mundtot gemacht. Menschlichkeit und Wissenschaft sind in einer Diktatur, in der die Politik an erster Stelle steht, wertlos.
Aber Präsident Xi Jinping verfolgt ja diese Politik, um viele weitere Menschenleben in Shanghai und ganz China zu retten.
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