China
Leiden in der Isolation + Willkür in Xinjiang
Liebe Leserin, lieber Leser,
seit mehreren Wochen arbeiten etliche Unternehmen in China im sogenannten Closed Loop. Das heißt für die Arbeitnehmer: Gegessen, geschlafen und gewohnt wird am Arbeitsplatz – meist in oder an den Fabriken. Ein Zustand, der mit europäischen Arbeitsrechten im Hinterkopf unvorstellbar scheint. Doch auch in der Volksrepublik ist eine Sechs-Tage-Woche mit jeweils Zwölf-Stunden-Tagen, wie sie Tesla im Closed-Loop-System anstrebt, eigentlich nicht erlaubt, schreibt Nico Beckert. Doch es gibt Ausnahmeregelungen. Er hat sich den vermeintlichen Nebenschauplatz der chinesischen Null-Covid-Politik näher angesehen und eine riesige Grauzone gefunden.
Viele seiner gigantischen Wind- und Solarparks errichtet China in Xinjiang – einer Region, die ansonsten vor allem negative Schlagzeilen produziert. Seit Jahren gibt es seriöse Berichte, dass dort auf Geheiß Pekings Millionen Uiguren und Angehörige anderer Minderheiten in Lagern interniert sind, zur Umerziehung und Sinisierung. Auch die Zahl von verurteilten "Straftätern" in Gefängnissen ist in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen. Eine geleakte Namensliste samt Haftgründen offenbart nun die Willkür, mit der über das Schicksal von Menschen entschieden wird.
"Bald" wird sich übrigens die UN-Menschenrechts-Hochkommissarin Michelle Bachelet in Xinjiang umsehen dürfen, heißt es. Dass sich die einstige chilenische Präsidentin dabei ein halbwegs authentisches Bild der Lage wird machen können, ist schwer zu bezweifeln. Kein Wunder, dass Menschenrechtsgruppen ihren Besuch ablehnen. Sie fürchten, Bachelets "Erkenntnisse" werden so oder so zugunsten von chinesischer Propaganda als Beleg für eine Schmierenkampagne gegen die Volksrepublik verwendet.
