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seit mehreren Wochen arbeiten etliche Unternehmen in China im sogenannten Closed Loop. Das heißt für die Arbeitnehmer: Gegessen, geschlafen und gewohnt wird am Arbeitsplatz – meist in oder an den Fabriken. Ein Zustand, der mit europäischen Arbeitsrechten im Hinterkopf unvorstellbar scheint. Doch auch in der Volksrepublik ist eine Sechs-Tage-Woche mit jeweils Zwölf-Stunden-Tagen, wie sie Tesla im Closed-Loop-System anstrebt, eigentlich nicht erlaubt, schreibt Nico Beckert. Doch es gibt Ausnahmeregelungen. Er hat sich den vermeintlichen Nebenschauplatz der chinesischen Null-Covid-Politik näher angesehen und eine riesige Grauzone gefunden.
Gibt es Alternativen zum harten Lockdown? Der Virologe Hendrik Streeck bejaht diese Frage nicht nur. Im Interview mit Frank Sieren ist er sogar skeptisch, ob sich die Omikron-Variante überhaupt durch Tests und Ausgangssperren langfristig eindämmen lässt. Dafür ist das Virus zu ansteckend.Streeck teilt stattdessen mit uns eine überraschende Erkenntnis: Der chinesische Impfstoff wirkt nach der dritten Dosis gar nicht so schlecht gegen Omikron. Überraschend ist diese Feststellung aus zwei Gründen. Einerseits, weil sie dem Narrativ vom unwirksamen China-Vakzin widerspricht. Andererseits, weil sie es umso rätselhafter erscheinen lässt, warum China nicht auf Teufel komm raus weiterimpft. Streecks Schlussfolgerung leuchtet umso mehr ein: „China muss die Impfkampagne bei den älteren Menschen vorantreiben.“ Das ist der Weg aus der Lockdown-Falle.
Felix Lee

Analyse
Leben in der Fabrik – das harte Covid-Los der Arbeiter

Nico Beckert
Viele Unternehmen greifen zu einer drastischen Maßnahme, um die Produktion während der Corona-Lockdowns in China aufrechtzuerhalten: Ihre Mitarbeiter übernachten, essen, wohnen in den Fabriken oder angeschlossenen Schlafräumen. Ob Bosch, Tesla, Foxconn, deutsche Mittelständler wie Wirtgen oder chinesische Unternehmen – zahlreiche Firmen isolieren ihre Arbeiter in den Fabriken. Sie dürfen das Gelände nicht mehr verlassen. So sollen Ansteckungen verhindert werden. Statt „Home Office“ also „Closed Loop“ – ein geschlossener Kreislauf.
Bei Tesla in Shanghai erhielten die Arbeiter einen Schlafsack und eine Matratze, wie ein internes Firmen-Memo zeigt. Es gibt allerdings keine Schlafsäle. Die Menschen müssen auf dem Boden der Fabrik schlafen. Laut Memo sollten Duschen und ein „Entertainment-Bereich“ aufgebaut werden, wie Bloomberg berichtet. Was klingt wie ein unfreiwilliges Feriencamp auf dem Betriebsgelände, ist allerdings frei von Erholung: Die Arbeiter sollten zwölf Stunden am Tag, sechs Tage die Woche arbeiten, so das Firmen-Memo. Die Duschen und der Entertainment-Bereich waren noch nicht fertiggestellt, als die Mitarbeiter von dem Closed-Loop-System erfuhren. Doch damit nicht genug: Tesla will nun Tausende Arbeiter in stillgelegten Fabriken und einem alten Militärlager in der Nähe der Tesla-Fabrik in Shanghai isolieren. Aus Platzmangel werden sich die Arbeiter in den behelfsmäßigen Schlafsälen jedoch die Betten teilen müssen. Während die Tagschicht arbeitet, soll die Nachtschicht schlafen. Nachts soll dann die Tagschicht in den gleichen Betten übernachten, wie Bloomberg aus informierten Kreisen erfahren hat.
In Deutschland wären solche Zustände arbeitsrechtlich nicht vorstellbar. Und auch in China widersprechen sie dem Arbeitsrecht. „12 Stunden am Tag, sechs Tage die Woche sind eindeutig gesetzeswidrig, denn das Arbeitsgesetz erlaubt nur 36 Überstunden pro Monat“, sagt Aidan Chau von China Labour Bulletin (CLB). Doch die chinesische Regierung habe Tesla und andere Unternehmen vom Arbeitsrecht ausgenommen. Sie stehen auf einer „Whitelist“ von Unternehmen, die während der Pandemie weiter produzieren dürfen. „Die Regierung steht stark auf der Seite der Unternehmen. Das Wohlergehen der Arbeitnehmer wird vernachlässigt“, beklagt Chau.
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