- Exklusiv vorab: Xi Jinping – der mächtigste Mann der Welt
- Dilemma der KP: Freiheit vs. Ordnung
- EU und Nato wollen enger zusammenarbeiten
- WHO: China ist jetzt frei von Malaria
- Peking finanziert weniger Kohlekraft im Ausland
- Syngenta plant Börsengang in Shanghai
- Paketporto steigt
- Im Portrait: Überläuferin Cai Xia
- Stefan Baron: Die KP genießt hohes Vertrauen
Ein Jubeltag? Heute, am 1. Juli, feiert die Kommunistische Partei Chinas ihr hundertjähriges Bestehen. Damit hat sie länger durchgehalten als jede vergleichbare Organisation; die Kommunistische Partei der Sowjetunion hat nur 79 Jahre überlebt. Die KP Chinas hat damit gezeigt, dass sozialistische Systeme auch langlebig sein können und nicht nur freudlose Entbehrungen bringen, sondern im günstigen Fall auch Wohlstand und Weltoffenheit.
Doch diese 100 Jahre sind natürlich nicht die Positivgeschichte, als die eine Propagandaoffensive sie heute darstellen will. Von der Machtübernahme 1949 bis zur Reformära ab 1978 hat sie das Leben der Menschen kaum besser und oft schlechter gemacht. Andere, ebenfalls vom Krieg geschundene Länder haben in dieser Zeit ihr Wirtschaftswunder bereits abgeschlossen. Die Herrschaft der KP begann dagegen nicht nur mit verlorenen Jahren, sondern sogar mit menschlichen und wirtschaftlichen Rückschritten.
In unserem ersten Beitrag zum Jahrestag geht es daher auch um die Beziehung des „Großen Steuermanns“ Xi Jinping zu seinem politischen Ahnen Mao Zedong. Wir bringen eine Vorab-Veröffentlichung aus dem neuen Buch „Xi Jingping – der mächtigste Mann der Welt“ von den Journalisten Stefan Aust und Adrian Geiges. Der Text blickt zurück und hilft zugleich, das aktuell regierende Regime besser zu verstehen: „Der Kult um Mao wird in China allmählich ersetzt – durch einen Kult um Xi Jinping selbst.“ Xi weiß um die Schrecken der Mao-Zeit, er hat sie selbst erlebt. Dennoch scheut er nicht davor zurück, eine vergleichbare Machtfülle auf seine Person zu vereinen.
Die Zeit seit der konsequenten Öffnung Anfang der Achtzigerjahre ist das Thema unseres zweiten Beitrags zum großen Jahrestag. Frank Sieren beleuchtet hier ein anderes Spannungsverhältnis, das die heutige chinesische Politik definiert: zwischen Öffnung und Überwachung. Das moderne China lässt seine Bürger reisen und lädt Investoren ein – ein entscheidender Unterschied zur Sowjetunion. Doch die Gegensätze, die sich daraus ergeben, sind umso irritierender. Freie Wirtschaft, aber unfreie Bürger. Sozialismus, aber grassierender Egoismus. Aber auch: hohe Innovationskraft ohne eine offene Gesellschaft.
Vor genau dieser Mischung von Einflüssen warnt die Persönlichkeit, die wir abschließend porträtieren: Cai Xia, einst Vordenkerin im innersten Kreis der KP. Eigentlich überzeugte Kommunistin, ist sie heute in die USA übergelaufen. Cai beobachtet den zunehmendem Totalitarismus und die aggressive Grundhaltung Chinas mit großer Sorge. Sie glaubt nicht mehr, dass sich ihr Heimatland auf dem richtigen Weg befindet.
All das zeigt, vor wie vielen Probleme sich die KP in Wirklichkeit konfrontiert sieht. Hinter der schönen Fassade der Feierlichkeiten ist das den Verantwortlichen völlig bewusst und sie arbeiten an Lösungen. Das haben wir in den bisher erschienenen Beiträgen zum KP-Jahrestag bereits aus vielen Blickwinkeln beleuchtet. Am Donnerstag berichten wir Ihnen abschließend, welche Pracht die Partei für ihren Jubeltag entfaltet hat. Und selbstverständlich halten wir Sie auch künftig über die politischen Trends auf dem Laufenden.
Finn Mayer-Kuckuk

Buchauszug
Von Mao verfolgt, wie Mao verehrt: Xis Verhältnis zum großen Übervater

Mao Zedong war ein Monster – und Xi Jinping weiß das. Schließlich wurden er und seine Familienangehörigen unter Mao verfolgt, eingesperrt, gefoltert, seine Halbschwester nahm sich deshalb das Leben. Gelegentlich hört man in China, nicht Mao selbst sei für die schlimmsten Verbrechen der Kulturrevolution verantwortlich, sondern seine Frau Jiang Qing und drei andere Mitglieder der sogenannten „Viererbande“. Doch diese Entschuldigung ist so absurd, dass Xi Jinping klug genug ist, sie nicht zu wiederholen. Andererseits hört man von ihm kaum den bekannten Satz des Reformers Deng Xiaoping: „Mao hatte zu 70 Prozent recht und zu 30 Prozent unrecht“, auch wenn der weiterhin in den offiziellen chinesischen Medien zitiert wird. Wobei uns hohe chinesische Funktionäre im privaten Gespräch immer wieder gesagt haben: Gemeint habe Deng es umgekehrt – Mao sei zu 70 Prozent schlecht und zu 30 Prozent gut gewesen. Aber es so zu sagen könne den Glauben des Volkes an die Partei erschüttern.
9. September 1976, Universität von Sichuan in der Stadt Chengdu: Die Vorlesungen wurden abgebrochen. Um 15 Uhr sollten sich alle Studenten versammeln. Nichts Besonderes, dachte die Englischstudentin Jung Chang, das war Alltag damals an chinesischen Universitäten. Mit schmerzverzerrtem Gesicht trat die Parteisekretärin der Fakultät vor die Studenten, aus den Lautsprechern krächzte ihre stockende Stimme: „Unser großer Führer, der Vorsitzende Mao, unsere verehrungswürdige Eminenz -“ In diesem Moment begriffen alle, was passiert war, und begannen zu schluchzen. Mao war tot.
Jung Chang, die Englischstudentin von damals, wurde weltweit bekannt durch ihren Bestseller Wilde Schwäne, in dem sie die Geschichte von drei Generationen in China erzählt, die ihrer Großmutter, ihrer Mutter und ihre eigene Geschichte, von der Kaiserzeit bis zum heutigen China. Später hat sie sich zwölf Jahre lang mit Mao Zedong beschäftigt, gemeinsam mit ihrem Mann, dem britischen Historiker Jon Halliday. Sie interviewten Hunderte Zeitzeugen innerhalb und außerhalb Chinas, die Mao getroffen hatten, darunter Familienmitglieder und Freunde Maos sowie Kollegen von ihm aus der chinesischen Führung. Sie durchstöberten Archive in zehn Ländern. Herausgekommen ist dabei die bisher umfassendste Mao-Biografie.
- 100 Jahre KP Chinas
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