Ernüchternde Demokratie-Bilanz zur Übergabe-Feier in Hongkong
Civey-Umfrage: Mehrheit will Schließung des VW-Werks in Xinjiang
VW-Chef glaubt an „positive Werteentwicklung“ in Chinia
Xi lobt „lebendiges“ Hongkong nach seiner Ankunft
Weitere fünf Jahre Null-Covid?
China halbiert Quarantäne-Zeit
Menschenrechte, Ukraine, Hongkong – G7 richtet deutliche Worte an China
„Überwachungsinstrument“ TikTok in den USA unter Druck
Standpunkt: Impfquote durch Transparenz erhöhen
Liebe Leserin, lieber Leser,
am heutigen Freitag ist Hongkong auf den Tag genau seit 25 Jahren wieder ein formeller Teil der Volksrepublik China. Weil die Stadt und ihre Bürger nach der langen Kolonialherrschaft der Briten einen anderen Charakter haben als der Rest Landes, ließ sich die Pekinger Zentralregierung vordergründig für 50 Jahre auf das Prinzip „ein Land, zwei Systeme“ ein. Sogar der Begriff „universelles Wahlrecht“ schaffte es damals in das Basic Law, was gemeinhin als Mini-Verfassung Hongkongs bezeichnet wird.
Entsprechend engagiert setzten sich die Demokraten der Stadt viele Jahre für dieses universelle Wahlrecht ein, das auch ein Symbol war für die liberale Gesinnung der Hongkonger und die Bürgerrechte, die eine demokratisch erzogene Gesellschaft dem Staat abverlangt. Ihr Engagement, für ihre Freiheiten zu kämpfen, endete für die Menschen der Stadt letztlich in ihrer rasend schnellen Entmündigung. Viel schneller als befürchtet, hat die Kommunistische Partei die Stadt entdemokratisiert. Hongkong ist 25 Jahre nach dem Ende der Kolonialzeit eine autoritär geführte Gesellschaft.
Die Lehre daraus ist, dass Vereinbarungen mit autoritären Staaten Schall und Rauch sind, wenn diese ihren Fortbestand in Gefahr sehen. Und wer Vereinbarungen bricht, hat auch keine Hemmungen, schamlos zu lügen. Dazu genügt ein Blick nach Xinjiang, wo Menschenrechtsverbrechen und Zwangsarbeit System haben. Deshalb ist es gut, dass in Deutschland die Forderung nach Konsequenzen lauter werden.
All das und mehr in der heutigen Ausgabe.
Ihr
Marcel Grzanna
Analyse
Hongkong am Jahrestag: Peking-rot statt autonom
25 Jahre nach der Rückgabe Hongkongs an die Volksrepublik China ist die Zukunft der Stadt Peking-rot statt international gefärbt. Der neue Regierungschef John Lee setzt auf ein Kabinett, das keinen Zweifel daran lässt, dass die Metropole auf das zugesagte „hohe Maß an Autonomie“ endgültig verzichten wird.
Ein Vierteljahrhundert liegt zwischen Vision und Wirklichkeit. Wenn sich am Freitag die Rückgabe Hongkongs von Großbritannien an die Volksrepublik China zum 25. Mal jährt, stehen die demokratischen Kräfte der Metropole vor dem Scherbenhaufen ihrer politischen Ziele. Statt freier Wahlen ihres Regierungschefs und Parlaments, wie einst erhofft, bekommen die rund 7,5 Millionen Einwohner zum Jubiläumstag eine Peking-hörige Führungsriege vor die Nase gesetzt.
Exemplarisch dafür steht die Anwesenheit von Chinas Staatspräsident Xi Jinping, der im Rahmen eines zweitägigen Besuchs die 25-Jahr-Feierlichkeiten begleiten wird. Er will sich die erfolgreiche Niederschlagung der demokratischen Opposition in Hongkong offenbar als persönlichen Triumph ans Revers heften. Denn Hongkong bedeutet für Xi eine wichtige Trophäe, um sich zusätzliche Rückdeckung in der Kommunistischen Partei zu sichern. Im Herbst will der Präsident seinen Plan für die Fortsetzung seiner Amtszeit als Staatschef vollenden. Dass es ihm gelungen ist, eine jahrelang rebellische Gesellschaft gefügig zu machen, ist ein wertvolles Argument, um die Begrenzung seiner Amtszeit aufzuheben.
So kollidiert das Jubiläum am 1. Juli mit dem Amtsantritt des ehemaligen Polizeichefs John Lee als neuem Chief Executive. Die Personalie symbolisiert den Höhepunkt der Horrorszenarien all jener, die vor 25 Jahren noch fest an das chinesische Versprechen „ein Land, zwei Systeme“ geglaubt haben. Denn die Überzeugung, am Rockzipfel der autoritären Volksrepublik ein liberales politisches System aufrechterhalten und das zugesagte „hohe Maß an Autonomie“ bewahren zu können, erwies sich als Illusion.
Hongkong
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Xi Jinping
Zivilgesellschaft
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