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in seiner gestrigen Videobotschaft an die UN-Vollversammlung hat Chinas Staatspräsident Xi Jinping daran erinnert, dass Demokratie ein Wert ist, der auf der ganzen Welt geteilt wird. Es ist ein klassisches Beispiel dafür, wie autokratische Systeme kontinuierlich versuchen, zentrale Begriffe der Definition für liberale Staaten für sich selbst zu besetzen. Ihre Absicht ist es, uns zu verwirren, damit die Grenzen unserer Wahrnehmung verwischen.
Vielleicht hat die Linkspartei auch deshalb ein gespaltenes Verhältnis zur Volksrepublik China. Einige ältere Mitglieder ihrer Bundestagsfraktion freuen sich über den steilen Aufstieg eines Landes, das irgendwann einmal als sozialistisch galt. Andere wiederum können die staatskapitalistische Diktatur nicht ausstehen. Unter diesen Bedingungen tut sich die Fraktion schwer, eine gemeinsame Position zu formulieren, wie ihr früherer außenpolitischer Sprecher Stefan Liebich im Interview mit Felix Lee einräumt.
Nun sind wir in demokratischen Staaten zwar zurecht stolz auf unsere öffentliche Meinungsvielfalt. Nur leider ist sie im politischen Umgang mit der Volksrepublik ein folgenschweres Dilemma. Denn eine der Stärken des chinesischen Regimes ist es, die Zerrissenheit im Ausland zu ihren Gunsten zu nutzen. Überall dort, wo die andere Seite uneins ist, stößt die Kommunistische Partei Chinas in diese Lücken, um die Wahrnehmung ihres Handelns und die Bedingungen der Zusammenarbeit selbst zu gestalten. Solange sich zwei streiten, freuen sich die Chinesen. In der EU kann man davon ein Lied singen – sogar im Kanon.
Vielleicht ändern einige Linke ihre negative Haltung gegenüber der Volksrepublik ja auch wieder. Immerhin tritt die zweitgrößte Volkswirtschaft jetzt auf die Mietpreisbremse, wie unsere Autoren aus Peking zu berichten wissen. Und davon können die Linken in Berlin doch ihrerseits ein Liedchen singen. Na gut, ein Klagelied.
Einen guten Start in den Tag wünscht Ihnen
Marcel Grzanna

Analyse
„Merkels Kurs war nicht der schlechteste“

Herr Liebich, als stellvertretender Vorsitzender der deutsch-chinesischen Parlamentariergruppe sind Sie mehrfach in China gewesen und waren angetan von der dortigen Entwicklung. Hätten Sie erwartet, dass Chinas Führung wieder so rigoros gegen Freiheitsrechte vorgeht wie zu Maos Zeiten?
Ich war wie viele Andere fasziniert von der Geschwindigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung und des Wohlstandsgewinns. Ich fand es auch erwartbar, dass eine solche Entwicklung einhergeht mit einer selbstbewussteren Rolle auf der internationalen Bühne. Womit ich aber nicht gerechnet habe, ist, wie sehr sich die autoritären Tendenzen nach innen verstärken würden. Die Aufhebung der Amtszeitbegrenzung von Staatschef Xi Jinping halte ich für eine bedrohliche Entwicklung. Es gab ja gute Gründe, nach den Erfahrungen mit Mao die Amtszeitbegrenzung einzuführen.
China ist kapitalistischer als Deutschland. Offiziell wird die Volksrepublik noch immer von einer Partei regiert, die sich als kommunistisch bezeichnet. Wie sehen Sie das Land?
Meines Erachtens beschreibt Staatskapitalismus das System in China besser. Wir sehen dort den Kapitalismus im schlechten Sinne, zugleich fehlt dort die bürgerliche Demokratie – also das Schlechte aus zwei Welten. Trotzdem gibt es in China auch Kommunisten im positiven Sinne, also Menschen, die für Armutsbekämpfung und Gerechtigkeit eintreten. Die KP in China würde ich aber nicht als kommunistisch beschreiben. Das scheint mir dann doch nur eine Art Marke zu sein.
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