Im Interview: Lee Ming-che – Menschenrechtler zurück in Freiheit
Debatte um VW-Werk in Uiguren-Provinz
Reicht die Konjunkturförderung fürs Wachstumziel?
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Großbrand in Chemiefabrik in Shanghai
Im Portrait: Deborah Brautigam – Expertin zu Chinas Schulden in Afrika
Volkswagen wirbt Strategieberater von Huawei ab
Zur Sprache: Topfträger sind der schwarze Peter
Liebe Leserin, lieber Leser,
das VW-Werk in Xinjiang ist plötzlich Diskussionsthema. Wir halten die heikle Präsenz in Urumqi schon lange für die größte politische Schwachstelle von VW. Unbemerkt von Volkswagen hat sich in der Politik der Wind gedreht. Während 2012 noch Angela Merkel lächelnd bei der Unterzeichnung der Verträge für das umstrittene Werk dabei war, schauen die Regierungen heute bei Menschenrechten sehr genau hin.
Dahinter steckt zum Teil auch harte Interessenpolitik: Gegenüber einem unfreundlichen, inflexiblen China spielen EU und USA das Thema nach vorn, indem sie Importe ächten, die mit Zwangsarbeit zu tun haben. In Deutschland ist zugleich ein Grüner der Wirtschaftsminister. Jetzt hat sich neben der Gewerkschaft auch der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil von der SPD eingeschaltet. VW steckt in der lange erwarteten Zwickmühle zwischen Forderungen aus Peking und Verpflichtungen gegenüber der deutschen Öffentlichkeit.
Wie viel Mut gehört dazu, als Menschenrechtsaktivist freiwillig in die Volksrepublik China einzureisen? Lee Ming-che aus Taiwan hat das jährlich gemacht, um dort mit Freunden im privaten Kreis über die Lage zu sprechen. Im März 2017 wurde er festgenommen, nachdem er über Macao ins Land geschlüpft war. Ein Gericht sah in seiner Info-Arbeit über Taiwan auf WeChat „Untergrabung der Staatsgewalt“. David Demes hat für China.Table als einer der ersten westlichen Journalisten nach seiner Freilassung mit Lee gesprochen.
Lee macht sich nun vor allem Sorgen um sein Heimatland. Denn dort ist die wirtschaftliche, technische und kulturelle Anziehungskraft der Volksrepublik durchaus zu spüren. Die jungen Leute verwenden chinesische Apps und sprechen chinesischen Slang. Wenn Taiwan aber die Abgrenzung zum großen Nachbarn aufgibt, ist es auch schnell um seine Demokratie geschehen. Und eines würde Lee selbst nie tun: sein Land verraten.
Unsere heutige Analyse dreht sich ganz um Chinas Wachstum. Vielleicht ließe sich ein eigener Indikator daraus machen: Der Unterschied zwischen westlichen Konjunkturprognosen für China und dem offiziellen Planziel ist derzeit mit über einem Prozentpunkt besonders groß. Wir beleuchten in unserer Analyse die Gründe für die unterschiedlichen Einschätzungen.
Zwar haben die internationalen Institutionen gute Argumente für ihren Pessimismus. Doch am Ende wird das Ziel von „nahe 5,5 Prozent“ Wachstum fast sicher erreicht werden. Schließlich laufen derzeit große Konjunkturprogramme an. Was keiner der Ökonomen aussprechen mochte: Wenn die einlaufenden Daten den erwünschten Wert nicht hergeben, dann kann Peking immer noch ein wenig mogeln, damit er zumindest auf dem Papier steht.
Ihr Finn Mayer-Kuckuk
Interview
„Ich war nicht bereit, mein Land zu verraten“
Menschenrechtler Lee Ming-che nach der Entlassung aus der Haft.
Fünf Jahre lang saß der taiwanische Aktivist Lee Ming-che in chinesischer Haft. Seit Mitte April ist der 47-Jährige wieder zurück in Taipeh. In einem seiner ersten Interviews mit internationalen Medien spricht Lee mit David Demes über die politischen Hintergründe seiner Festnahme. Lee warnt: Taiwan wird zunehmend von der Volksrepublik infiltriert.
Herr Lee, Sie engagieren sich für Menschenrechte in China. Inwiefern hatte Ihre Festnahme vor fünf Jahren auch mit den angespannten Beziehungen zwischen Peking und Taipeh zu tun?
Ich glaube schon, dass da ein Zusammenhang besteht. Seit Präsidentin Tsai Ing-wen von der DPP 2016 ihr Amt angetreten hat, nutzt China jede Chance, um Taiwans Regierung unter Druck zu setzen. Die Staatssicherheit hat immer wieder versucht, mir Spionage anzuhängen. Sie hat ständig zwei Dinge gefragt: Ob ich Geld aus offiziellen Quellen in Taiwan erhalten habe, und wem in China ich dieses Geld gegeben hätte.
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