Exilanten: Geringe Wahlbeteiligung als Absage an Peking
Abriss der Säule der Schande beginnt
Livestreamerin akzeptiert horrende Steuerstrafe
Tschechien will China-Beziehungen prüfen
Keine „humanitären Ausnahmen“ in Afghanistan
Im Portrait die verschwundene Uigurin Hayrigul Niyaz
Liebe Leserin, lieber Leser,
einen Wochentag früher als sonst finden Sie schon heute die neue Ausgabe von China.Table Human Rights in ihrem Postfach. Zu viel Relevantes hat sich in den vergangenen Tagen ereignet, sodass wir die angedachte Weihnachtspause lieber um ein paar Tage verkürzen wollten, statt auszusetzen.
Zum Beispiel hat Hongkong ein neues Parlament gewählt. Oder besser gesagt: Ein kleiner Teil der Stadt hat ein neues Parlament gewählt. Denn die meisten Hongkonger entschieden sich gegen ihre Teilnahme an dem Urnengang. Nur knapp jeder dritte Wahlberechtigte tat der Regierung den Gefallen, eine Abstimmung zu legitimieren, die im Kern entdemokratisiert worden ist. Mit ihrer Abwesenheit haben die Menschen ihre Mittel zum Protest gegen Pekings autokratische Übernahme der Metropole noch einmal ausgeschöpft. Wie sich die Atmosphäre in Hongkong seit der Einführung des Nationalen Sicherheitsgesetzes verändert hat, schildert die ehemalige Reporterin der Tageszeitung Apple Daily, Shirley Leung, im Interview.
Abgesehen von ihren Aussagen ist es immer wieder beeindruckend, wie viel Mut Individuen in autoritären Staaten aufbringen, um sich dem ungleichen Kampf gegen einen übermächtigen Gegner zu stellen. Leungs Arbeit und ihre Bereitschaft, mit ausländischen Medien zu sprechen, sind ein Beispiel für solchen Mut.
Ein anderes lieferte die Tennisspielerin Peng Shuai mit ihren Vergewaltigungsvorwürfen gegen Ex-Vizepremier Zhang Gaoli. Dass sie ihre Aussagen von Anfang November inzwischen revidiert, werden Diktatur-Apologeten wie das Internationale Olympische Komitee als Bestätigung für ihren Schmusekurs mit Autokraten vermarkten. In Wahrheit ist Pengs seltsame Behauptung, alles sei nur ein Missverständnis, Ausdruck für die gnadenlose Brutalität chinesischer Sicherheitsbehörden. Pengs Angst vor der Vergeltung, die ihr und ihrer Familie droht, muss enorm sein.
Auch was Hayrigul Niyaz genau durchmacht, wissen wir nicht. Die Uigurin ist wohl inhaftiert worden, kurz nachdem sie 2017 von einem Auslandsaufenthalt in ihre Heimat zurückgekehrt war. Ihre Geschichte, die wir heute erzählen, ist ebenfalls nur ein Beispiel für Millionen anderer Fälle von Menschen in der Volksrepublik, die von heute auf morgen verschwinden. Manche nur kurz, andere für immer.
Ihr
Marcel Grzanna
Analyse
„Für Pressefreiheit muss man kämpfen“
Bis zur Schließung der Peking-kritischen Apple Daily harrte auch Reporterin Shirley Leung aus
Shirley Leung ist eine der letzten Journalistinnen Hongkongs, die vor Ort über pro-demokratische Aktivitäten berichten. Als Reporterin der Zeitung Apple Daily hat sie die Schließung des Blattes durch Peking hautnah miterlebt. Sie will nun verhindern, dass die Schicksale von Demokratie-Aktivisten aus dem kollektiven Gedächtnis gelöscht werden. Mit Leung sprach Fabian Peltsch.
Frau Leung, Sie sind eine der wenigen Journalist:innen in Hongkong, die pro-demokratischen Kräften noch eine Stimme geben. Mit welchen Gefühlen haben Sie die Parlamentswahl am vergangenen Sonntag verfolgt?
Das war die erste Wahl, an der ich nicht teilgenommen habe, weder als Journalistin noch mit meiner Stimme als Wählerin. Ich sträube mich dagegen, diese Art von Wahl als echte, legitime Wahl anzuerkennen. Der beschränkte Kreis von Kandidaten bestand aus altbekannten Patrioten. Die Wahlbeteiligung war dementsprechend die niedrigste der Geschichte.
Gab es keinen Kandidaten, der als Kompromiss vielleicht für Sie in Frage gekommen wäre?
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