- Yi Fuxian über Chinas Demografie-Falle
- Xis dramatische Kurswechsel
- Verfassungsschutz warnt vor Spionage
- Irans Präsident besucht China
- USA sanktioniert Unternehmen wegen Ballon
- Auch China meldet Flugobjekt
- Im Porträt: Qian Sun – Investigativ-Journalistin
- Zur Sprache: Gemüsig oder rindig?
Xi Jinping hatte sich Ende letzten Jahres in eine verzwickte Lage manövriert. Kriselnde Wirtschaft, Covid-Debakel und dann auch noch Straßen-Proteste, bei denen sogar offen sein Rücktritt gefordert wurde – manch einer wird sich gefragt haben, wie Chinas mächtigster Mann bis zum Nationalen Volkskongress diesen März wieder Ruhe in den Laden bringen will.
Er hat die Flucht nach vorn ergriffen und einige spektakuläre 180-Grad-Wendungen hingelegt. Aus Null-Covid wurde Full-Covid, auf die strenge Kontrolle der Tech-Konzerne folgte mehr Rückendeckung für die Privatwirtschaft. Auch die offenen Drohungen gegenüber den USA sind ruhigeren Tönen gewichen – zumindest bis zum jüngsten Ballon-Eklat. Was hinter Xis radikalen Richtungswechseln steckt und wie nachhaltig sie sind? Michael Radunski beleuchtet in seiner Analyse die Monate des Übergangs – eine besondere Phase vor der Zusammenkunft des Nationalen Volkskongresses im März, in der die „alten“ Kader noch im Amt sind, aber eben nicht mehr lange, und es hinter den Kulissen deshalb wagen, Xi zu widersprechen. Denn es gibt viele Unzufriedene: Die, die aus ihren Ämtern scheiden müssen oder um eine erhoffte Beförderung gebracht wurden.
Während Xi solche laufenden politischen Probleme durch pragmatische Richtungswechsel in den Griff bekommen kann, ist das mit den Geburten offenkundig nicht so. Dass die Ein-Kind-Politik in China einen heftigen Eingriff dargestellt hat, ist unbestritten. Zwei Generationen mussten darauf verzichten, eine große Familie zu gründen. Nun dürfen Chinesen sogar wieder drei Kinder bekommen, tun es aber nicht. Die Geburtenrate ist unfassbar niedrig. China vergreist. Und das hat schwerwiegende Folgen, nicht nur für das Land, sondern auch für die Weltwirtschaft. Die Führung lag mit ihren Annahmen aus den Achtzigerjahren schlicht falsch, sagt der Wissenschaftler Yi Fuxian im Interview mit Felix Lee. Die Aussichten seien düster. Und die gesamte Wirtschafts-, Sozial-, Verteidigungs- und Außenpolitik Chinas basiere auf fehlerhaften Daten.
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche, die hoffentlich alles andere als düster aussieht.
Julia Fiedler
Analyse
„China wird die USA nie übertreffen“

Herr Yi, erstmals seit der großen Hungersnot von 1961 ist Chinas Bevölkerung im vergangenen Jahr geschrumpft, neun Jahre früher als prognostiziert. Ist das aus Sicht der kommunistischen Führung nicht ein Grund zum Feiern? Schließlich war drohende Überbevölkerung der Grund, warum sie 1980 die Ein-Kind-Politik einführte.
Nein, überhaupt nicht. Die Zahl der Geburten ist offiziellen Angaben zufolge erstmals unter die Zehnmillionengrenze gefallen. Das ist der niedrigste Wert seit 1790. Damals lag die Einwohnerzahl aber bei rund 300 Millionen, heute sind es über eine Milliarde. Jede Frau im gebärfähigen Alter hat zuletzt im Schnitt nur noch 1,0 bis 1,1 Kinder zur Welt gebracht, nicht 1,8 – womit die Regierung gerechnet hatte. Pro Frau sind aber etwa 2,1 Kinder erforderlich, um die Einwohnerzahl eines Landes auf gleichem Niveau zu halten. Das heißt: In China wird jede Generation nur noch halb so groß sein wie die vorige. Und selbst diese niedrige Zahl ist geschönt. Ich gehe davon aus, dass Chinas Einwohnerzahl schon seit 2018 zurückgeht und die eigentliche Fertilitätsrate bei 0,8 liegt. China vergreist in einem Ausmaß und einer Geschwindigkeit, wie es nie ein Land erlebt hat.
Wenn die Bevölkerung neun Jahre früher als vorgesehen schrumpft, sind die Probleme doch nur vorgezogen und können nicht völlig unerwartet sein?
- Demografie
- Ein-Kind-Politik
- Gesellschaft
- Gesundheit
- Menschenrechte
Jetzt weiterlesen
… und 30 Tage kostenlos dieses Professional Briefing kennenlernen.
Sie sind bereits Gast am China.Table? Jetzt einloggen