Steht Deutschlands China-Strategie vor einer Zeitenwende?
EU und China nehmen Handelsgespräche wieder auf
Bleibt „gemeinsamer Wohlstand“ ein vages Versprechen?
100 Unternehmen im Closed Loop in Shenzhen
US-Gesetz gegen Zwangsarbeit: Handelspartner sollen folgen
Bundesregierung behält sich 5G-Ausschluss Huaweis vor
SMIC macht Fortschritt bei 7-nm-Chips
USA prangern Zwangsarbeit bei Neuer Seidenstraße an
Russland bleibt größter Erdöl-Lieferant
BYD strebt mit E-Autos nach Japan
Johnny Erling über Diplomatie-Einfädler in Bonn und Peking
Im Portrait: Michael Clauß – China-Kenner in Brüssel
Liebe Leserin, lieber Leser,
China war lange Zeit der „Goldesel“ deutscher Unternehmen. Die Autobranche, die Chemie und Maschinenbauer profitierten in den letzten Jahrzehnten vom Wirtschaftswunder in China. Die Volksrepublik verwandelte sich zum größten Absatzmarkt für zahlreiche Firmen. Und bei Rohstoffen und Vorprodukten war lange Zeit niemand so günstig wie das Reich der Mitte. Doch mit Russlands Einmarsch in der Ukraine wird sich Deutschland den China-Abhängigkeiten zunehmend bewusst. Die Globalisierung steht vor einer Neuaufstellung, sagen Experten. Für viele Unternehmen wird China immer unattraktiver. Das Land koppelt sich nicht nur wegen Corona ab, sondern bemüht sich auch eigene Wirtschafts-Champions hervorzubringen, die ausländische Unternehmen verdrängen sollen. Auch die Bundesregierung arbeitet an einer neuen China-Strategie. Es steht eine Zeitenwende bevor.
Nach fast zwei Jahren Pause haben Brüssel und Peking sich in einem gesonderten Dialog-Format wieder über Handelsthemen ausgetauscht. Dabei sprachen EU-Vizepräsident und Handelskommissar Valdis Dombrovskis und der chinesische Vizepremier Liu He unter anderem über Lieferengpässe aufgrund der Corona-Pandemie, die Abhängigkeit bei kritischen Rohstoffen sowie die Auswirkungen des russischen Einmarsches in der Ukraine. Die Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang, die durch das europäische Lieferkettengesetz stärker geahndet werden sollen, wurden jedoch nicht angerissen, berichtet Amelie Richter. Nach dem desaströsen EU-China-Gipfel im April wollte die europäische Seite offenbar erreichen, dass der Handelsdialog konstruktiv verläuft und die beiden Seiten wieder Gemeinsamkeiten finden.
Ärgerlich, dass es mit den Träumen manchmal so kompliziert sein muss! Xi Jinpings Vision vom„gemeinsamen Wohlstand“ ist ein schönes Ziel, doch leider funkt die wenig rosarote Realität dazwischen: Geprellte Sparer, magere Wachstumszahlen, erzürnte Immobilienkäufer, enttäuschte Absolventen, die von der Uni direkt in eine Rekord-Arbeitslosigkeit schlittern. Die Probleme türmen sich, analysiert unser Autor Fabian Kretschmer aus Peking. Und das nur wenige Monate vor dem Parteitag, der Xi Jinpings dritte Amtszeit einleiten soll.
Ihr
Nico Beckert
Analyse
Abhängigkeiten sorgen für Zeitenwende im China-Geschäft
Die Auto-Industrie ist wie viele Branchen von China abhängig. Risiken steigen. Gleichzeitig nimmt Chinas Attraktivität ab.
Starke wirtschaftliche Abhängigkeiten sind gefährlich. Das zeigt derzeit das Beispiel Gasversorgung aus Russland. Doch Deutschlands wirtschaftliche Abhängigkeiten von China sind jedoch noch viel größer. Viele Unternehmen wie auch die Bundesregierung überdenken nun ihre China-Strategie. Es könnte der Beginn einer Zeitenwende sein.
Über Jahre hinweg galt China als einer der bevorzugten Partner der deutschen Politik und Wirtschaft. Die Volksrepublik war Garant für deutsches Wachstum und ist längst zu Deutschlands größtem Handelspartner aufgestiegen. Auto- und Maschinenbauer machen in der Volksrepublik große Umsätze.
Doch vieles deutet darauf, dass das China-Engagement der deutschen Wirtschaft vor einem Wendepunkt steht. Die Corona-Lockdowns und der chinesische Fokus auf die eigene Wettbewerbsfähigkeit machen das Land zunehmend unattraktiver.
Russland zeigt Risiken durch große Abhängigkeiten
Hinzu kommt die neue Furcht vor zu großen Abhängigkeiten: Deutschlands Gas-Abhängigkeit von Russland wird im Winter wohl zu einer Rezession führen. Vor diesem Hintergrund werden auch die China-Abhängigkeiten Deutschlands neu bewertet. AußenministerinAnnalena Baerbock sagte jüngst, es sei ihr „sehr ernst“ mit der Reduzierung der Abhängigkeiten von China.
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