Im Interview: Bütikofer fordert mehr Unabhängigkeit von China
Peking verspricht nachhaltige Winterspiele
Spekulation über Börsengang von Bytedance
Vorwurf des sexuellen Missbrauchs bei Alibaba
Covid-Strategie in der Kritik
Export von zwei Milliarden Impfdosen versprochen
US-Team überholt China bei Olympia
Neuer Befehlshaber der Armee in Xinjiang
Im Portrait: Erwin Gerber – deutscher Bäcker in Taicang
Liebe Leserin, lieber Leser,
Reinhard Bütikofer ist einer der erfahrensten China-Kenner der deutschen Politik. Im Interview spricht Felix Lee mit ihm über Merkels Chinapolitik und was eine grüne Bundeskanzlerin anders machen würde. Bütikofer kritisiert dabei deutsche Alleingänge, die Europas Position gegenüber Peking eher schwächen. Er erklärt, warum Xis Amtsantritt 2013 einen Wandel zum Negativen bedeutet und warum China längst angefangen habe, sich vom Westen zu entkoppeln. Der EU-Parlamentarier der Grünen plädiert, Deutschland dürfe sich nicht völlig in Abhängigkeit von China begeben und müsse stattdessen mit gleichgesinnten Partnern Pekings Hegemonialstreben entgegentreten.
Gestern gingen die olympischen Spiele in Tokio zu Ende. Über die kommenden Winterspiele in Peking wird schon seit Monaten diskutiert: Soll man sie wegen der Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang boykottieren? Die Organisatoren versuchen, die Boykottdebatte mit einem positiven Spin zu kontern. Sie versprechen die ersten „Grünen Winterspiele“: Die Sportstätten sollen ausschließlich mit Öko-Strom betrieben, der Transport mit Elektro- und Brennstoffzellenautos und -bussen bestritten werden. Christiane Kühl analysiert das Konzept der „Grünen Spiele“ und hat einige fragwürdige Punkte gefunden.
Einen guten Wochenstart!
Ihr
Nico Beckert
Analyse
„Merkels China-Politik ist eigentümlich veraltet“
Reinhard Bütikofer, Europa-Abgeordneter der Grünen
Der Grünen-Politiker Reinhard Bütikofer ist von chinesischen Sanktionen betroffen und kritisiert die China-Politik der Bundesregierung. Die „Automobil-Außenpolitik“ sei ebenso überholt wie die Vorstellung, mit Geduld einen Wandel erreichen zu können. Deutschland müsse die Illusion der eigenen Hilflosigkeit überwinden und die Herausforderung der neuen Rivalität annehmen. Mit Bütikofer sprach Felix Lee.
Reinhard Bütikofer (68) war in den 70er-Jahren in der Gesellschaft für Deutsch-Chinesische Freundschaft aktiv. Der ehemalige Bundesvorsitzende der Grünen sitzt seit 2009 im EU-Parlament. Er gestaltet die europäische China-Politik in den Ausschüssen für Auswärtige Angelegenheiten und für Handel mit. Außerdem ist er Vorsitzender der Delegation für die Beziehungen zur Volksrepublik China und Mitglied des Deutsch-Chinesischen Dialogforums. Sein Engagement bringt ihm zuweilen Ärger ein: Seit März steht er auf einer Liste von Personen, die nicht nach China reisen dürfen. Die Strafmaßnahme war Teil einer Antwort Pekings auf europäische Sanktionen wegen Menschenrechtsverletzungen in der Region Xinjiang. Bütikofer hatte die Sanktionen befürwortet.
16 Jahre Merkel: Bilanz der China-Politik
Herr Bütikofer, kein anderes westliches Industrieland hat vom Aufstieg Chinas so sehr profitiert wie Deutschland. Welche Bilanz ziehen Sie nach 16 Jahren Angela Merkel als Kanzlerin?
Diese 16 Jahre China-Politik kann man nicht über einen Leisten schlagen. Heute ist es kaum noch erinnerlich, aber zu Beginn ihrer Kanzlerschaft hat sich Angela Merkel getraut, den Dalai Lama zu empfangen, obwohl sie wusste, dass das in Peking auf allerhöchstes Missfallen stoßen würde. Vor einigen Jahren noch kam eine Gruppe europäischer China-Thinktanks in einer Studie zu dem Ergebnis, Frau Merkel gehöre zu den wenigen Führungspersönlichkeiten Europas, die auch öffentlich über Menschenrechte in China redeten. Sie hat es geschafft, dass die Witwe des Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo, Liu Xia, nach jahrelangem Hausarrest nach Deutschland ausreisen durfte. Und doch steht heute Merkels China-Politik ganz eigentümlich veraltet in der Landschaft.
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