China
Bridge Mans Erbe + Zeitenwende + Offener Brief
Liebe Leserin, lieber Leser,
der Verkauf eines Anteils des Hamburger Hafens an Cosco brachte einen Kipppunkt in der China-Wahrnehmung. Noch nie war sich die deutsche Öffentlichkeit so einig, dass man mit China vorsichtiger umgehen müsse. Auch im Umgang mit Russland wäre schließlich mehr Vorsicht angebracht gewesen. Für viele Menschen ist die Volksrepublik zwar weiterhin sehr weit weg. Doch sie merken nun auf, wenn von China die Rede ist. Denn die Konsequenzen aus dem Ukraine-Krieg reichen längst in jedes Haus.
Zur kritischen Wahrnehmung Chinas dürfte diese Woche zudem ein offener Brief beitragen, den China.Table exklusiv veröffentlicht hatte. Darin richten sich über 180 Dissidenten, von denen gut die Hälfte auf dem chinesischen Festland lebt, direkt an Olaf Scholz. Ihr Appell: "Fahren Sie in diesen Zeiten nicht nach China." Noch immer werden in Xinjiang, Tibet und der Inneren Mongolei die Menschenrechte verletzt. Der Diktator Xi habe zu viele Versprechen gebrochen und Drohungen ausgesprochen, sei es in Hongkong oder gegenüber Taiwan, als dass man jetzt zur Tagesordnung übergehen könne. "Daher appellieren wir an das Gewissen der Menschen in Deutschland und auf der ganzen Welt, ihre Stimme zu erheben“ schreiben die Unterzeichner, zu denen auch der Schriftsteller Liao Yiwu sowie die früheren Studentenführer Wang Dan und Wu'er Kaixi gehören.
Die Proteste, die Wang und Wui'er 1989 anführten, sind heute undenkbar. Deswegen war es schon eine Sensation, als ein einzelner Mann kurz vor dem Parteitag Protestbanner an der Sitong-Brücke aufhängte. Tatsächlich hat seine Aktion eine Welle von Nachahmern in der ganzen Welt inspiriert.
