- Peking bestellt deutsche Botschafterin ein
- Angela Stanzel: „Die Zeit der stillen Diplomatie ist vorbei“
- Selenskyj fordert Neutralität von China
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- Export wächst überraschend stark
- Sany, Pony.ai und Nvidia bauen autonome Lkw
- Standpunkt: Zsuzsa Anna Ferenczy zur Taiwan-Politik der EU
- Pelosi erhält höchsten Orden Taiwans
kaum waren die Treffen mit Spitzenpolitikern, Fototermine und eine Ordensverleihung in Taipeh absolviert, stieg Nancy Pelosi wieder in den Jet und entschwand in Richtung Seoul. Sie hinterlässt eine aufgewühlte Region. Eine Folge ihres einschneidenden Besuchs: Die deutsche Botschafterin Patricia Flor wurde ins chinesische Außenministerium zitiert. Grund war die Unterstützung Baerbocks für die Integrität Taiwans anlässlich der steigenden Spannungen. Warum Peking dieses harsche Mittel ausgerechnet gegen Deutschland anwendet, analysiert heute Marcel Grzanna.
Die gedankliche Nähe der Lage um Taiwan zur Ukraine-Situation, die Baerbock hergestellt hat, missfällt Peking gewaltig. Die Ukraine ist ein diplomatisch allseits anerkanntes Land, so die chinesische Sicht, während Taiwan ein isoliertes Territorium sei. Für Baerbock ähneln sich die Szenarien dagegen: Die Großmacht bedroht den friedlichen, kleineren Nachbarn, mit dem sie einen Gebietsstreit hat.
Die deutsche Außenpolitik muss nun selbstverständlich nicht der chinesischen Sicht der Dinge folgen. Doch es fällt auch auf, wie wenig Dialog die neue Regierung mit China bisher pflegt. Von „Partner und Rivale“ steht der Rivale ganz weit im Vordergrund. Auch wenn persönliche Besuchstermine von Scholz und Baerbock in Peking derzeit schwer zu vereinbaren sind, wäre es jetzt Zeit für eine Phase intensiver Gesprächsangebote als Ausgleich für Kritik, die dann durchaus auch harsch sein darf.
Angela Stanzel von der Stiftung Wissenschaft und Politik weist im Interview mit Michael Radunski darauf hin: Pekings Strafen richten sich nur gegen Taiwan und nicht gegen die USA. Von Pelosis Flugzeug hat sich die Volksbefreiungsarmee wohlweislich ferngehalten, dafür folgen jetzt Sanktionen gegen taiwanische Firmen. Eine geschickte Strategie. Statt mit hohem Risiko die Supermacht zu bedrohen, erhöht Peking den Druck auf die Insel, die sie als eigenes Territorium wahrnimmt.
Eine weitere Folge der Pelosi-Visite: Am Donnerstag geht ein Manöver der Marine mit scharfer Munition viel zu dicht an Taiwans Küste los. China sanktioniert zudem Taiwans Wirtschaft mit besorgniserregenden Folgen für die Lieferketten. Die profilierte Politikbeobachterin Zsuzsa Anna Ferenczy hat für uns ihre Einschätzung der Lage aufgeschrieben. Die ehemalige Beraterin des EU-Parlaments erwartet künftig weitere Besuche von EU-Abgeordneten in Taiwan, um der Insel den Rücken zu stärken.
Finn Mayer-Kuckuk

Analyse
Pelosi: Kurzer Besuch mit langer Wirkung

Marcel Grzanna
Eine 82-Jährige versetzt die Welt in Aufregung. Mit einem Lächeln hinter ihrem Mundschutz wies Nancy Pelosi am Mittwochvormittag auf das Ungleichgewicht hin, mit dem die Volksrepublik China bereits auf die Ankündigung ihres Besuches in Taiwan reagiert hatte. Krieg, Feuer, Tod – das chinesische Rhetorik-Arsenal kannte keine apokalyptische Grenze.
Als im April eine Handvoll US-Senatoren und -Parlamentarier zwei Tage lang offizielle Termine in dem Inselstaat wahrnahmen, hielt sich Peking mit Drohgebärden dagegen deutlich zurück. „Damals haben Sie keinen großen Wirbel veranstaltet“, sagte Pelosi im Rahmen einer Pressekonferenz an der Seite von Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen. Vielleicht sei das nun auch die Begründung für die massiven Drohungen, mutmaßte Pelosi. „Weil sie bei den Männern nichts gesagt haben.“ Gelächter im Saal.
Doch die humorvolle Pelosi konnte auch ernsthaft. Ihren Kurztrip nach Taiwan von weniger als 24 Stunden garnierte sie mit zahlreichen Botschaften an die Gastgeber, an die Welt, aber vor allem an die Volksrepublik. Peking könne zwar dafür sorgen, dass Taiwan an internationalen Treffen der Staatengemeinschaft nicht teilnimmt. Aber sie (Pelosi) hoffe, es sei durch ihren Besuch klargeworden, dass sich China nicht in den Weg stellen könne, „wenn Leute nach Taiwan kommen“.
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