China
Huaweis Appell an Peking + Künstlicher Regen
Liebe Leserin, lieber Leser,
es ist immer wieder erstaunlich, wie konsequent die chinesische Justiz arbeitet, wenn die öffentliche Empörung über ein Verbrechen nur groß genug ist. Die brutale Gewalttat gegen vier Frauen in einem Restaurant in Tangshan vor zwei Monaten war so ein Verbrechen. Sehr viele Menschen in der Volksrepublik waren von den Bildern geschockt und regelrecht angewidert. Ihr natürlicher Reflex auf dieses Video war nicht nur der Wunsch nach einer angemessenen Strafe, sondern auch nach einer Debatte über Gewalt gegen Frauen im Land.
Doch die Situation der Frauen wird sich kaum verbessern, solange die Zensur derart entschieden einschreitet, sobald solche Debatten losgetreten werden. Wie soll sich die chinesische Gesellschaft substanziell verändern, wenn sie nicht über die Dinge reden darf, die falsch laufen? Insofern wird ein hartes Urteil gegen die Schläger von Tangshan allein rein gar nichts bewirken, was den Frauen nachhaltig mehr Respekt verschafft. Im Gegenteil bleiben sie langfristig die Leidtragenden.
Mehr Aufmerksamkeit als den Belangen der Frauen dürfte die chinesische Regierung derweil den Sorgen ihrer Großunternehmen schenken. Als in der vergangenen Woche Huawei-Gründer Ren Zhengfei seine Mitarbeiter auf harte Zeiten einschwor, schickte er vor allem auch ein Signal in Richtung Peking, glaubt Frank Sieren. Das klingt plausibel, denn direkte Kritik an der Regierung sollten sich private Firmenbetreiber besser verkneifen. Der Letzte, der das wagte, war Alibaba-Chef Jack Ma. Der malt jetzt lieber, statt seinen IT-Konzern in die Zukunft zu führen.
