Porträt: Paul Harris – Menschenrechtsanwalt in Hongkong
Liebe Leserin, lieber Leser,
wenige Monate vor dem großen Parteitag der Kommunistischen Partei im Herbst drängen sich in China innenpolitische Themen wieder in den Vordergrund. Zum Beispiel war es eine Weile still geworden um Xi Jinpings Kampagne gegen die Korruption. Doch jetzt fährt die Partei den Kampf gegen den Filz in den eigenen Reihen mit großer Fanfare wieder hoch. Dabei setzt man erstmals auf neuartige Formate wie das Reality-TV. Eine mehrteilige Serie präsentiert echte, brandaktuelle Fälle von Ermittlungen gegen korrupte Kader: True Crime mit chinesischen Charakteristiken. Finn Mayer-Kuckuk hat sich die Serie angeschaut und analysiert für uns die Faszination der Reihe für die Menschen und ihren Nutzen für die Partei.
Seit ein paar Monaten sorgt China derweil mit verschiedenen Tests von Hyperschallraketen für Unruhe vor allem in den USA. Ein Vorteil dieser Raketen ist neben ihrem rasanten Tempo eine flexible Lenkbarkeit. Auch Russland und die USA selbst sind an der Technologie interessiert. Michael Radunski analysiert, was es mit dem aktuellen Hyperschall-Hype auf sich hat, und inwieweit dieser neue Raketentyp die globale Sicherheitsarchitektur verändern könnte.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre,
Ihre
Christiane Kühl
Analyse
Eine Korruptions-Serie fasziniert die Nation
True-Crime-Format im Dienste von Xis Säuberungen: Hier das Geständnis von Sun Lijun.
Xi Jinping hat eine neue Welle der Korruptionsverfolgung losgetreten. Neben der üblichen ideologischen Verbrämung kommt jetzt eine populärkulturelle Seite hinzu. Die Öffentlichkeit kann sich in einem TV-Format an spektakulären Fällen von Gier und Bestechung ergötzen. Das legitimiert die Säuberungen und stärkt so die Macht der Partei.
Die Anti-Korruptionskampagne als Reality-Fernsehen: In einer fünfteiligen Serie zeigt der Staatssender CCTV derzeit besonders spektakuläre Beispiele für Bestechlichkeit von Kadern. Der Titel lautet „Null Toleranz“ 零容忍, die Aufmachung ist spannend und modern, die Musik bewegend. Emotional werden alle Register gezogen.
Die Serie stelltreale Fälle aus der Arbeit der gefürchteten Disziplinarkommission der KP China dar. Zu sehen sind beispielsweise die riesigen Anwesen, die sich hohe Parteikader mit illegal erworbenem Geld gebaut haben. Auch Sammlungen von Luxus-Armbanduhren oder Jadeschmuck werden gezeigt. Ebenfalls prominent im Bild sind dicke Geldbündel – und die unauffälligen Lebensmittelschachteln, in denen sich ein Kader das Geld überreichen ließ.
Sun Lijun 孫力軍,heißt der Parteibonze mit den Lunchboxen. Sein Fall zeigt deutlich, welche politischen Botschaften Parteichef Xi Jinping mit dem Medienprojekt übermitteln will. Denn es war Sun, der den Auftakt zu der Reihe machte. Er war einst Vizeminister für Öffentliche Sicherheit und damit selbst in Kontrolle des Polizeiapparats gewesen. Sun war zudem Sicherheitschef in Hongkong, als dort die Demokratiebewegung auf die Straße ging. Auch treue Häscher des Systems sind also nicht vor Ermittlungen sicher. Und: Xis Säuberungskampagne kommt auch in ihrem zehnten Jahr nicht zur Ruhe. Im Gegenteil. Sie erhält einen neuen Schub.
KP China
Xi Jinping
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