- Von der Leyen setzt vor Reise kritischen Ton
- Li Qiang umgarnt in Bo’ao Investoren
- Termine der kommenden Woche
- Tsai landet in New York
- Ma führt Gespräch mit hohem Kader
- China kritisiert U-Boot-Abkommen
- Spenderorgan-Austausch mit Hongkong
- Blick aus China: Traumjob Beamter
diese drei Dinge müssen Sie heute rund um China wissen:
Ursula von der Leyen warnt vor zu großer Verflechtung mit China. In einer konfrontativen Grundsatzrede zur EU-Chinapolitik hat sie ein neues politisches Instrument ins Spiel gebracht: Es soll den Abfluss „sensibler Technologien“ in die Volksrepublik verhindern. In Peking kommt das schlecht an – und selbst Brüssel spalten sich die Geister, analysiert Amelie Richter. Von der Leyen wird Mitte kommender Woche zu Gesprächen in Peking erwartet.
Li Qiang erneuert in Bo’ao seine wirtschaftsfreundliche Botschaft. Der neue Premier zeigt mit seiner Einladung an ausländische Investoren Beständigkeit, schreibt Jörn Petring. Natürlich muss er den Worten auch Taten folgen lassen – daran will ihn auch Pedro Sanchez messen, der spanische Premier, der ebenfalls vor Ort ist.
Li ist in Chinas Führung für Wirtschaftspolitik zuständig. Er steht unter Druck: Nach politischen Experimenten ist das Vertrauen internationaler Firmen bereits gekippt. Das Bo’ao-Forum ist nun die richtige Plattform, um gegenzusteuern. Es handelt sich um Asiens wichtigstes Treffen von Wirtschaft und Politik. Singapurs Premier Lee Hsien Loong klagte in seiner Rede: Kleineren Staaten werden zu Opfern des Streits zwischen USA und China.
Präsidentin Tsai Ing-wen wirbt in New York um Schutz der USA. Neben dem realen Krieg in der Ukraine ist Taiwan derzeit der große potenzielle Krisenherd. Auch hier spielt die Rivalität von USA und China eine Rolle: Beide weichen den Status quo auf, der 70 Jahre lang den Frieden gesichert hat. Tsai bleibt dennoch nun wenig anderes übrig, als ihr Land mehr denn je unter den Schutzschirm der US-Amerikaner zu stellen.
Finn Mayer-Kuckuk

Analyse
Von der Leyen zeigt gegenüber Peking klare Kante

Amelie Richter
Kurz vor ihrer ersten Reise als EU-Kommissionschefin nach Peking hat Ursula von der Leyen in einer erstaunlich deutlichen Grundsatzrede eine Idee davon vermittelt, was sie in der chinesischen Hauptstadt vorzutragen hat. Bei der Veranstaltung der Denkfabriken European Policy Center und dem von Peking sanktionierten Merics-Institut am Donnerstag in Brüssel plädierte sie für eine EU-eigene und vereinte China-Politik. Sie sprach sich für ein „De-risking“ in strategischen Bereichen und nicht volles Decoupling aus. Der sonst von offizieller Seite gebetsmühlenartig wiederholte EU-Dreiklang aus „Partner, Wettbewerber, Rivale“ zur Beschreibung des Verhältnisses mit der Volksrepublik fehlte.
Von der Leyen wird kommende Woche gemeinsam mit Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron nach China reisen. Die Rede setzte vorab einen herausfordernden Ton. Von der Leyen hatte sich in der Vergangenheit bereits kritisch zu einzelnen Aspekten der europäischen China-Politik geäußert. Eine reine Grundsatzrede über die Beziehungen zu Peking hielt sie nun allerdings zum ersten Mal. Die wichtigsten Punkte im Überblick:
Geopolitik
- Brüssel müsse seine China-Politik gänzlich neu sortieren: „Unsere Beziehungen sind unausgewogen und werden durch Chinas staatskapitalistisches System zunehmend verzerrt“, sagte von der Leyen. Sie müssten wieder ins Gleichgewicht gebracht werden. Es sei dabei jedoch „weder machbar noch im Interesse Europas“, sich von Peking zu distanzieren. „Deshalb müssen wir uns darauf konzentrieren, die Risiken zu mindern„, betonte sie.
- Pekings Position im Krieg gegen die Ukraine und das Verhältnis zu Russland spielen für die künftigen EU-China-Beziehungen eine zentrale Rolle: „Wie China weiterhin mit Putins Krieg interagiert, wird ein entscheidender Faktor sein.“ Die Bilder des Treffens zwischen Chinas Staatschef Xi Jinping und Russlands Präsidenten Wladimir Putin sagten mehr „als tausend Worte“. Xi halte an der „grenzenlosen Freundschaft“ zu Putin fest und sehe darin eine Gelegenheit, Einfluss auf das bisher machtpolitisch dominantere Russland zu gewinnen, so von der Leyen.
- Den 12-Punkte-Plan Chinas für Frieden in der Ukraine wies die EU-Kommissionschefin tendenziell zurück: „Jeder Friedensplan, der faktisch die russischen Annexionen konsolidieren würde, ist kein gangbarer Weg.“ China müsse sich für einen gerechten Frieden einsetzen.
- Die EU-Kommissionschefin sieht generell eine härtere Haltung Pekings, seine Wünsche gegenüber anderen Ländern durchzusetzen. Gerade die Menschenrechtsbilanz deute auf eine allgemeine Verhärtung hin. „Diese eskalierenden Aktionen deuten auf ein China hin, das zu Hause repressiver und im Ausland selbstbewusster wird“, sagte von der Leyen.
- China bestehe aus einer „faszinierende und komplexe Mischung aus Geschichte, Fortschritt und Herausforderungen“. „Und es wird dieses Jahrhundert bestimmen.“ Die Geschichte, wie die EU damit umgehe, sei noch nicht zu Ende geschrieben und müsse nicht defensiv ausfallen, betonte von der Leyen.
Handel
- Der Handel mit Waren und Dienstleistungen sei größtenteils weiterhin „für beide Seiten vorteilhaft“ und frei von Risiken.
- Aber: Die EU-Kommissionspräsidentin stellte neue Beschränkungen für Investitionen europäischer Unternehmen in China in Aussicht. Die EU müsse verhindern, dass Kapital und Expertise europäischer Unternehmen dazu beitragen, „die militärischen und nachrichtendienstlichen Fähigkeiten derjenigen zu verbessern, die auch Systemkonkurrenten sind“. Die Kontrollen sollten aber nur für „eine kleine Anzahl sensibler Technologien“ gelten. An einem gezielten Instrument für Auslandsinvestitionen, in den USA Outbound-Investment-Screening genannt, wird EU-Kreisen zufolge bereits intensiv gearbeitet.
- Zudem soll das Ende 2020 mit China geschlossene Investitionsabkommen CAI nach Ansicht von der Leyens überarbeitet werden. Die EU-Kommissionschefin legte erstmals öffentlich nahe, dass das Abkommen nicht weiterverfolgt werden könnte, da sich „die Welt und China in den drei vergangenen Jahren verändert haben“. Das CAI liegt ohnehin auf Eis. Zuletzt wurde in EU-Kreisen berichtet, dass chinesische Beamte in Brüssel angeboten haben, die Sanktionen gegen Abgeordnete des EU-Parlaments aufzuheben, sollte im Gegenzug das CAI bestätigt werden.
Die EU-Kommissionschefin legte mit der Rede einen unerwartet direkten Ton an den Tag und folgte ihrer sich zuletzt herauskristallisierenden Tendenz, in der China-Politik eine entschiedenere Position einzunehmen. Zu sehen war das bereits beim Treffen von der Leyens mit US-Präsident Joe Biden in Washington. Peking wird die Rede eher sauer aufstoßen. China wird Brüssel – nicht zum ersten Mal – vorwerfen, den USA hörig zu sein.
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