- Verheerendes Fazit: WZB zieht Bilanz zu Corona-Förderprogrammen
- Fachkräftegipfel in Berlin: Arbeitgeber gegen Ausbildungsgarantie
- Digitalpakt: Neue Zahlen zum Mittelabfluss
- Thesen zur besseren Ausbildung von Schulleitern
- Telekom-Umfrage: Es fehlt die Basis-IT an Schulen
- Bundesnetzagentur: Präsenzunterricht hat Priorität
- DGB-Report: Azubis unzufrieden mit Berufsorientierung
- Gastbeitrag von OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher: Lehrkräfte als Lehrplan-Modernisierer
- Im Portrait: Carolin Neumann – Gründerin der BYTE-Challenge
- Presseschau
- Termine
immer wieder beklagen Forscher, die Bildungssteuerung in Deutschland leide stark unter der maroden Datenlage – zu wenige Erhebungen, zu wenig Vergleichbarkeit, zu wenig Ressourcen. In der Folge, so heißt es hinter vorgehaltener Hand, betrieben Ministerien und Schulträger oftmals „Bildungspolitik im Blindflug„. Nun hat das Wissenschaftszentrum Berlin eine 355 Seiten starke Studie veröffentlicht, die die gravierenden Folgen beschreibt. Das Team um den Bildungsforscher Marcel Helbig hat die Corona-Aufhol-Programme von Bund und Ländern im Detail einer Bewertung unterzogen. Mein Kollege Christian Füller kommt nach der Lektüre der Studie zu einem für die Bildungsminister wenig schmeichelhaften Fazit: „Die Maßnahmen waren weder durchdacht noch zielgenau noch stark.“
Passend dazu erhalten Sie am morgigen Donnerstag eine Sonderausgabe des Bildung.Table. In einem ausführlichen Interview äußert sich der Hamburger Schulsenator Ties Rabe zu dem Sturm, den er rund um die neuen Bildungspläne in seiner Stadt entfesselt hat. Beim Digitalpakt und dem Startchancen-Programm schießt er gegen die Bundesbildungsministerin, während er seine Länderkollegen beim Corona-Aufholprogramm in Schutz nimmt. Seien Sie gespannt!
Was heute sonst noch wichtig wird? Gewerkschaften, Arbeitgeber und Politik treffen sich in Berlin zum Fachkräftegipfel – und diskutieren dabei auch über eine paradoxe Situation am Arbeitsmarkt: Viele Betriebe suchen händeringend Azubis, gleichzeitig stehen viele Jugendliche ohne Ausbildung dar. Letztere will Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, und mit ihm die ganze Ampel-Regierung, mit einer Ausbildungsgarantie unterstützen. Doch die Arbeitgeber stemmen sich dagegen, obwohl das Modell in Österreich gut funktioniert. Anna Parrisius hat sich vor dem Spitzentreffen umgehört.
Heute (Mittwoch) um 10 Uhr laden wir Sie außerdem zum ersten Table.Live-Briefing nach der Sommerpause ein (Link zur Teilnahme). Im interaktiven Fishbowl-Format können Sie mit Deutschlands oberstem Bildungsdatenschützer Lutz Hasse und dem Medienberater Dirk Thiede über Datenschutz im Klassenzimmer und mögliche Fallstricke diskutieren.
In diesem Sinne: Bis gleich zum LiveBriefing!
Moritz Baumann

Analyse
Gruselige Bilanz von „Aufholen nach Corona“

Christian Füller
Wäre das Papier dieses größten sozialwissenschaftlichen Forschungsinstituts Europas ein amtliches Dokument, dann hätten seit gestern 10 Uhr reihenweise Schulminister ihren Rücktritt erklären müssen. Was das Wissenschaftszentrum für Sozialforschung Berlin (WZB) vorgelegt hat, ist eine ebenso zielgenaue wie schonungslose Bilanz der Bildungspolitik infolge von Corona. Sie zeigt das Versagen der für Bildung zuständigen Landesminister. Das WZB hat untersucht, wie hilfreich die so genannten „Aufholen nach Corona“-Programme für Schüler waren. Ergebnis: Die Kultusminister wussten nicht, welchen Schülern sie eigentlich helfen müssen. Und die Maßnahmen, die sie ergriffen, waren weder durchdacht noch zielgenau noch ausreichend dotiert. Das Problem: Diejenigen, die über schnell einsetzbare, wirksame Online-Tools für pädagogische Corona-Hilfen zu Gunsten von Schülern verfügten, wurden abgewiesen.
Das Gute an dem WZB-Papier von 355 Seiten ist: Es ist umfassend. Es beobachtet alle schulischen Maßnahmen – jene, die gegen die Corona-Lücken eingesetzt wurden, und jene, die gar nicht erst angewandt wurden. Das ist keine Petitesse. Wir erinnern uns, wie laut die Schulminister seit langem darüber klagen, dass die Schließung der Schulen im Zuge von Corona zu großen Lernlücken geführt habe. Daran konnte auch der Online-Unterricht nichts ändern, den die Schulbehörden organisierten. Noch nie haben sich Kultusminister so für Chancengleichheit und psychisches Wohlbefinden eingesetzt – vor allem rhetorisch. Das zeigt die Studie von Benjamin Edelstein und anderen des Wissenschaftszentrums Berlin.
Grundschulen 64 Tage geschlossen, Schulen der Sekundarstufe I 85 Tage
Zum Beispiel beziffern die Autoren sehr genau, wie lange die Schulgebäude eigentlich geschlossen waren. „Die Organization for Economic Cooperation and Development (OECD) weist aus, dass die Grundschulen an insgesamt 64 Tagen und die Schulen der Sekundarstufe I an 85 Tagen vollständig geschlossen waren“, heißt es gleich zu Beginn des Berichts. Zwischen März 2020 und Mai 2021 seien die Schulen zusätzlich an 103 Tagen nur teilweise geöffnet gewesen. Diese differenzierte Sichtweise ist wichtig. Sie führt vor Augen, dass Deutschland seine Schulen keineswegs am längsten für Präsenzunterricht zugesperrt hat – wie mancher politisch Verantwortliche behauptet. Dass aber die Schließzeit im Rückblick zu lange war. Denn das – für die Schulen der Länder weitgehend neue – digitale Lernen hat nicht durchgehend gut funktioniert. Es hat vor allem bestimmte Schülergruppen stark benachteiligt.
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