Lücke im Curriculum: Berufsschullehrer auf Sprachdefizite nicht vorbereitet
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Bildungsökonom Isphording: Der „evidenzlose Blindflug“ der Bildungspolitik
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Heads: Dirk Zorn und die Macht der Bertelsmann-Stiftung
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Liebe Leserin, lieber Leser,
immer mehr Azubis bräuchten, wenn sie an den Berufsschulen ankommen, erstmal einen intensiven Sprachkurs. Deutschkenntnisse sind der Schlüssel – ob im Handwerk, in der Industrie oder in der Pflege. Doch ausgerechnet auf die vielen jungen Menschen, deren Eltern keine Muttersprachler sind, ist das duale Berufsbildungsystem schlecht vorbereitet, wie Recherchen meiner Kollegin Janna Degener-Storr zeigen.
In der Ausbildung von Berufsschullehrern, so berichten es Experten und Praktiker, spiele ‚Deutsch als Zweitsprache‘ (DaZ) wenn überhaupt eine untergeordnete Rolle. Da können Studierende froh sein, wenn sie wenigstens ein DaZ-Modul an der Uni belegen können. Dabei macht Bayern vor, wie es besser geht.
Außerdem schauen wir in dieser Ausgabe nach Bielefeld, wo am Montag der EdTech Next Summit gestartet ist. Vor drei Wochen versprach Eduvation-Geschäftsführer Tobias Himmerich hier im Briefing, die Konferenz solle „keine zweite Didacta“ werden. Und tatsächlich: Unser Reporter Christian Füller traf in Bielefeld auf viele motivierte Gründer, die grenzenlose Euphorie versprühen. Und das obwohl die blanken Zahlen ernüchternd sind: Denn aktuell kann Deutschland gerade einmal 74 EdTech-Start-ups vorweisen.
Apropos ernüchternd: In seinem Standpunkt hält der Ökonom Ingo Isphording den Bildungsministern einen Spiegel vor. Er kritisiert, dass wertvolle Bildungsdaten weiter einer „politischen Bevormundung seitens der KMK“ unterliegen. Ein Zustand, der auch Dirk Zorn ärgert. Seit September ist der Princeton- und Harvard-Forscher wieder bei der Bertelsmann-Stiftung in Berlin, wo er sich mit Niklas Prenzel zum Gespräch getroffen hat.
Und nun, viel Vergnügen bei der Lektüre!
Ihr
Moritz Baumann
Analyse
Berufsschullehrer auf Sprachförderung kaum vorbereitet
Immer mehr Azubis an den Berufsschulen sind keine Muttersprachler.
Während in Deutschland die Zahl der Ausbildungsanfänger mit deutscher Nationalität sinkt, gibt es immer mehr ausländische Azubis. An den Berufsschulen brauchen viele Sprachförderung. Doch angehende Lehrkräfte erwerben an den Hochschulen oft nicht das nötige Know-How.
Wer in Deutschland eine Ausbildung beginnt, hat laut dem Institut der deutschen Wirtschaft immer häufiger keine deutsche Staatsbürgerschaft. Neben fachlichen Inhalten müssen viele Deutsch lernen, teilweise ein neues Schriftsystem. Manche haben in ihrem Herkunftsland noch gar nicht schreiben und lesen gelernt. Als Pfleger müssen die Azubis später mit Patienten kommunizieren können, als Bürokauffrau Geschäftsbriefe schreiben, als Gärtner bestimmte Fachwörter verstehen. Längst müssen Berufsschulen daher viele Schüler sprachlich vorbereiten – und auch bei Muttersprachlern fehlen oft die geforderten sprachlichen Kompetenzen.
Raphael Dick, selbst Berufsschullehrer für Deutsch, ist in der Berufsvorbereitung tätig und bildet Referendare für den Deutschunterricht aus. Er weiß, dass die Sprachförderung in vielen Berufsschulklassen heute eine große Herausforderung darstellt. „Im Idealfall müsste jede Lehrkraft in jedem Fall einzeln entscheiden, welcher Schüler mit dem normalen Fachbuch arbeiten kann, wer ein vereinfachtes Arbeitsblatt erhält und wer zusätzlich noch eine mündliche Erklärung braucht“, sagt er. Nach seiner Erfahrung sitzen heute in vielen Berufsschulklassen Abiturienten neben Schülern, die gerade so den Mittelschulabschluss geschafft haben, und Jugendlichne, die erst seit wenigen Wochen in Deutschland sind und zuvor vielleicht gar keine Schule besucht haben.
Zu wenig systematische Ausbildung der Lehrer
Doch Berufsschullehrer werden im Studium meist nicht darauf vorbereitet, sprachliche Kompetenzen zu vermitteln. „Wir bräuchten viel mehr Kolleginnen und Kollegen, die darin fachlich fit sind und sich ansatzweise in die Lebenswelt von geflüchteten Schülerinnen und Schülern hineinversetzen können“, sagt Cosima Lemke-Ghafir. Als Expertin für Deutsch als Zweitsprache (DaZ) war sie an verschiedenen beruflichen Schulen in Berlin tätig. Jetzt leitet sie eine Alphabetisierungsklasse an einem Oberstufenzentrum. Christoph Schroeder ist Professor am Institut für Germanistik der Universität Potsdam. Er stellt fest: „Deutsch als Zweitsprache ist zu wenig systematischer Teil der Ausbildung der Lehrkräfte.„
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