- Deutsch-ukrainische Begegnungsschule in Berlin – ein Erfolgsmodell?
- Bildungsaktivistin Halyna Tytysh über Online-Unterricht im Kriegszustand
- Ukrainische Pädagogen: Willkommenskultur in Ostdeutschland
- Flüchtlingskinder in Bayern überwiegend schlecht integriert
- VBE-Schulpreis: 50.000 Euro für nachhaltige Schulen
- MINT-Lücke: IW-Experten fordern Bildungsreformen
Ende Oktober trat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seine Reise nach Kiew an. „Ihr könnt Euch auf Deutschland verlassen„, so lautete seine Botschaft gleich nach Ankunft am Kiewer Bahnhof. Und damit meinte Steinmeier nicht nur Munitionslieferungen und Panzerhaubitzen. Er garantierte implizit auch: Verlässlichkeit für ukrainische Bildungsbiographien.
Vor einer Woche erst hat die Zahl der ukrainischen Kinder und Jugendlichen an deutschen Schulen die Marke von 200.000 überschritten. Und viele Schulleiter wissen längst: Vorübergehende Gesten der Solidarität genügen nicht. Die Kinder werden bleiben, womöglich viele Jahre.
In dieser Sonderausgabe stellt Ihnen meine Kollegin Janna Degener-Storr ein Pilotprojekt vor, das der Berliner Bildungsstaatssekretär Alexander Slotty als „bundesweit, vielleicht sogar europaweit“ einmalig bezeichnet. Die Hauptstadt erprobt in Begegnungsschulen den bilingualen Unterricht – und der Ansturm ist gewaltig.
Die Bildungsaktivistin Halyna Tytysh hat mit ihrer NGO seit Kriegsbeginn Online-Unterricht für Tausende ukrainische Schüler organisiert. Dafür wurde sie kürzlich mit dem Walter-Scheel-Preis ausgezeichnet. Im Interview mit Bildung.Table fordert sie nun, Hindernisse im deutschen Bildungssystem endlich aus dem Weg zu räumen.
Kommen Sie gut ins Wochenende!
Moritz Baumann

Analyse
Ansturm auf bilinguale Klassen
In Berlin hat die Schulverwaltung etwas Besonderes auf die Beine gestellt: Seit Oktober erhalten ukrainische Schüler in sechs Klassen bilingualen Unterricht. Sie lernen Deutsch als Fremdsprache – und haben Fachunterricht auf Deutsch und Ukrainisch. „Deutsch-ukrainische Begegnungsschule“ heißt der Schulversuch. Aktuell erproben die Schulen in einer Vorbereitungsphase die ukrainischen Unterrichtsinhalte, ab dem kommenden Schuljahr sollen auch ukrainische Abschlüsse möglich sein. Beteiligt ist eine deutsch-türkische Europa-Grundschule mit zwei, eine Sekundarschule mit vier Klassen.
Berlin reagiert auf Forderung der Vize-Bildungsministerin
Berlin folgt damit einer Forderung von ukrainischer Seite: Laut Berliner Senatsverwaltung hat die ukrainische Vize-Bildungsministerin sich den Ausbau herkunftssprachlicher Angebote an Berliner Schulen gewünscht. Schon im März mahnte die ukrainische Generalkonsulin gegenüber den Kultusministern an, die Geflüchteten nach dem ukrainischen Lehrplan zu unterrichten. Die Kultusminister beschlossen, dass Kinder und Jugendlichen in das deutsche Schulsystem integriert werden sollen und verwiesen auf die deutsche Schulpflicht (Bildung.Table berichtete). Lehrer können laut KMK-Beschluss von Ende Juni Angebote in ukrainischer Sprache nach Möglichkeit freiwillig in den Unterricht einfließen lassen. Ukrainische Online-Materialien dürfen sie im Regelunterricht „ergänzend und flankierend“ einsetzen.
Mit den bilingualen Klassen geht Berlin da einen großen Schritt weiter. Bildungsstaatssekretär Alexander Slotty hat sie ins Leben gerufen. „Bundesweit, vielleicht sogar europaweit, ist es das erste Projekt dieser Art„, sagt er. Wie Berlin das geschafft hat? Mithilfe von Behörden und einer Kommunikationskultur, die es seit der Flüchtlingskrise 2015/-16 gibt. „Wir konnten Schulleitungen und Lehrerkollegien mit ‚Hands-On-Mentalität‘ gewinnen, die in Willkommensklassen schon Erfahrung mit Schülern aus der Ukraine hatten und sich mit Mehrsprachigkeit auskennen“, sagt Slotty.
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