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jetzt also Annalena Baerbock. Gestern Abend um 23:10 Uhr wurde die grüne Kandidatin von Romeo und Pauline gegrillt. Die beiden Elfjährigen fragten nach ihrem Lebenslauf, ob man abschreiben darf und warum der Klimaschutz so teuer wird. Das sind alles wichtige und berechtigte, wenn auch nicht sehr überraschende Fragen. Aber, sind das wirklich die Dinge, die Kinder interessieren? Baerbock tat sich, wie bereits Armin Laschet und Olaf Scholz, schwer mit den Kinderreportern – genauer: mit den Redakteuren von Klaas Heufer-Umlauf, die per Knopfmikro den Kindern so schlagfertig einflüsterten. Aber um die Befindlichkeit der Erwachsenen geht es überhaupt nicht in diesem Interview. Die Frage ist: Haben ProSieben und Heufer-Umlauf, der „Late Night Berlin“ moderiert, den Kindern eigentlich eine Stimme gegeben – oder sie ihnen genommen? Medienethiker haben da eine klare Haltung.
Wirklich zu Wort kamen 584 Schülerinnen und Schüler bei einer bundesweiten Umfrage zur Wahl. Und auch wenn die Umfrage wahrscheinlich nicht repräsentativ ist, so haben die Fünft- bis 13-Klässler doch erstaunliche Antworten geliefert. Nämlich da, wo sie nicht nur ankreuzen, sondern in offenen Antworten aufschreiben konnten, was ihnen ge- oder missfällt. So spannend kann es sein, wenn man Kinder und Jugendliche ohne voice over oder Filter zu Wort kommen lässt.
Herzlich grüßt
Christian Füller

Analyse
„Romeo und Pauline wurden instrumentalisiert“

Christian Füller
Der Auftritt von zwei Kindern in „Late Night Berlin“ von Klaas Heufer-Umlauf wird womöglich Konsequenzen haben. Die „Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen“ teilte mit, dass sie der Einhaltung der Kinderschutzstandards und medienethischen Regeln bei der Produktionsfirma Florida TV nachgehen werde. Die Leiterin Claudia Mikat sagte Bildung.Table, der Auftritt der beiden Elfjährigen sei unauthentisch gewesen und werfe Fragen auf. Erfahrene Redakteurinnen von Kindersendungen wie „Logo!“ sagten übereinstimmend, dass sie grundsätzlich keine Knopfmikrofone in die Ohren von Kinderreportern platzierten. Die beiden Kinder trugen solche Regie-Mikrofone. Medienethiker gehen sogar noch einen Schritt weiter: Sie sprechen von Instrumentalisierung der beiden Elfjährigen. Es sei inakzeptabel, Kinder zu benutzen, um Politiker vorzuführen.
In der Show hatten die beiden Teenies Romeo und Pauline die Kanzlerkandidaten Laschet und Scholz in Bedrängnis gebracht, am gestrigen späten Abend war Annalena Baerbock dran. Armin Laschet kam beim Thema des extremen CDU-Rechtsauslegers Maaßen ins Schleudern. Als der Kanzlerkandidat den Jungen fragte, ob er denn finde, dass Maaßen ein Rechter sei, entgegnete Romeo trocken: „Frage ich Sie“. Laschet war baff. Romeo und seine Partnerin Pauline wurden anschließend für ihre Interviews gefeiert. Die Nachrichtenagentur Dpa zitierte erfahrene Kollegen mit den Worten: „Das waren die zwei härtesten Interviews im Wahlkampf„. Was die Dpa in ihrer Berichterstattung aber wegließ: Es waren keine Kinderinterviews, sondern fremdgesteuerte Gespräche, die Romeo und Pauline führten. Die beiden hatten, wie die Produktionsfirma Florida TV bestätigte, einen Knopf im Ohr. Die Schlagfertigkeit kam also nicht nur vom – großen – Talent der Kinderreporter.
Echte Kinderreporter haben keinen Knopf im Ohr
Die Redaktion des ZDF, die Logo produziert, teilte mit, sie achte beim Casting von Kinderreportern darauf, dass Kinder und nicht angehende Nachwuchs-Journalisten ausgewählt werden. Es gehe darum, neugierige Mädchen und Jungen zu finden, die gut zuhören können und auch schlagfertig sind. Ziel sei es gerade nicht, politische Expertenfragen zu stellen, sondern jene Fragen, die Kinder etwas angehen. „Wir suchen interessierte Kinder und keine kleinen Erwachsenen“, sagte die Leiterin der Logo-Redaktion, Constanze Knöchel, Bildung.Table. Der Umgang mit Regie-Mikrofon im Ohr sei klar geregelt. „Bei Logo haben Kinderreporter keinen Knopf im Ohr“, so Knöchel. „Wir intervenieren nicht in den Interviewfluss hinein.“ Natürlich bereiteten Redakteure die Kinder auf Interviews vor und begleiteten sie dabei. „Aber es gilt der Grundsatz, dass man das Gespräch, das die Kinder führen, laufen lässt.“
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