- Mittelständler klagen staatliche Wettbewerbsverzerrung an
- Digitalpakt: Hintergrund zu den Abrufzahlen
- NRW starten Fortbildungsprogramm für Digitalinhalte
- Standpunkt: Lorenz Maroldt und Susanne Vieth-Entus über die Bildungsmisere in Berlin
- Klexikon – Das Wikipedia für Kinder
- Presseschau
- Termine – unter anderem mit Programm der Bitkom-Bildungskonferenz
in Lübeck treffen sich ab morgen die Kultusminister. Es sollte eine Routine-Konferenz werden, in der sich die Bundesbildungsministerin zum ersten Mal ihren Länderkollegen vorstellt und man über das „Lernen aus der Pandemie“ sinniert. Doch die Weltpolitik bricht auch hier herein und spült den Ukraine-Krieg auf die Tagesordnung. Zehntausende ukrainische Kinder und Jugendliche wollen in das deutsche Bildungssystem integriert werden. Daher heißt es für die KMK nun: Lernen aus der Fluchtbewegung 2015.
Ein weiteres Thema würde der Didacta-Verband gerne auf der Tagesordnung sehen. Die 250 Unternehmen der Bildungswirtschaft haben gestern an die KMK einen brisanten Brief geschrieben. Er liegt Bildung.Table exklusiv vor und wirft dem Staat einen zu starken Eingriff in den Markt vor. Die staatlichen Schulclouds würden mittelständische Anbieter verdrängen – und deren Edutech-Erfahrung ignorieren. Das ist ein Aufstand erster Klasse, schreibt Kollege Christian Füller.
Auf zwei weitere bildungspolitische Baustellen nehmen wir Sie diese Woche mit. Die Tagesspiegel-Journalisten Lorenz Maroldt und Susanne Vieth-Entus haben ein Buch über das Berliner Schuldesaster geschrieben. „Klassenkampf“ heißt es und könnte zum bildungspolitischen Standardwerk werden. Lesen Sie in dieser Ausgabe einen Gastbeitrag der beiden. Außerdem blicken wir auf die aktuelle Bilanz des Digitalpakts und wundern uns gemeinsam mit dem BMBF über die geringe Zahl geförderter IT-Admins. Die geht bundesweit gegen null.
Bleiben Sie gesund und, so weit wie möglich, zuversichtlich
Niklas Prenzel

Analyse
Empörung über den Staat als Bildungsunternehmer
Christian Füller
Das ist ein Aufstand erster Klasse gegen den Staat als digitalen Bildungsanbieter. Der Didacta Verband, dem 250 Unternehmen der Bildungswirtschaft angehören, greift den Staat in einem Brief scharf an. Bund und Länder hätten in „jüngerer Vergangenheit als Wirtschaftsteilnehmer“ ins Bildungswesen interveniert, heißt es in dem Papier. Es ging am Dienstag bei der Kultusministerkonferenz ein und liegt Bildung.Table exklusiv vor. „Diese Markteingriffe gefährden eine in die Zukunft gerichtete Digitalisierung des gesamten Bildungssystems“, steht in dem Brief. Und die Eingriffe „erschweren den Aufholprozess Deutschlands zu anderen EU-Ländern im Bereich der digitalen Bildung.“ Verfasst hat das Papier die Arbeitsgruppe DidactaDigital, der Lerncloud-Anbieter wie „AixConcept“ und „IServ“ angehören. Der Mittelständler IServ ist in Niedersachsen durch die staatlich subventionierte Schulcloud starker Konkurrenz ausgesetzt.
Beschwerden der mittelständischen Wirtschaft über den Staat als Bildungs-Unternehmer hat es bereits vor zwei Jahren gegeben. Die Kritik – geäußert etwa in einem Offenen Brief – richtete sich dagegen, dass das Bundesbildungsministerium mit rund 20 Millionen Euro Steuergeld ein Produkt entwickeln ließ, das es auf dem Markt in vielfältiger Weise bereits gab. Heute läuft die als Nationale Schulcloud gestartete Lernwolke zwar nur in drei Ländern – wird aber immer noch aus staatlichen Mitteln bezuschusst. Dass sich nun der Didacta Verband hinter die Kritik stellt, erhöht die Brisanz. Immerhin veranstaltet der Verband Europas größte Messe für die Bildungswirtschaft.
Didacta Verband moniert Schulclouds des Staates
Die Kritik ist massiv – und grundlegend. „Zahlreiche staatliche Monopolangebote werden den komplexen Anforderungen der pädagogischen Praxis nicht ausreichend gerecht und bieten nur einen Teil des notwendigen Leistungsumfangs“, schreiben die Autoren. Das ist eine Anspielung auf zahlreiche staatliche Flops vor allem bei der Entwicklung von Lernmanagementsystemen. Genüsslich zählen die Didacta-Leute Ella, Logineo und die jetzige „dSchulcloud“ auf. Ella oder „Elektronische Lehr- und Lernassistenz“ kostete Baden-Württemberg 47 Millionen Euro und kam trotzdem nie ins Laufen. Logineo in Nordrhein-Westfalen wurde von staatlichen Anbietern entwickelt. Es funktioniert heute wohl nur deshalb, weil der mittelständische Moodle-Dienstleister „Eledia“ dem System Beine machte. Allein die Schulcloud des „Hasso-Plattner-Instituts“ in Potsdam kam eigenständig in die Gänge – allerdings half hier die Pandemie tatkräftig mit; bevor Corona den Schnelleinsatz von Lernmanagementsystemen nötig machte, hatte die vermeintliche Nationale Bildungscloud weniger als ein Prozent deutscher Schulen unter Vertrag.
Jetzt weiterlesen
Lesen Sie diesen Text und das Bildung.Table Professional Briefing 30 Tage lang. Kostenlos und ohne Verpflichtung.
Sie sind bereits Gast am Bildung.Table? Jetzt einloggen