EdTechs sammeln heimlich Schülerdaten

EdTech Human Rights Watch Schülerdaten
„Diese Produkte überwachten Kinder“: So bebildert Human Rights Watch seinen Big-Brother-Bericht.

Human Rights Watch schlägt nach einer Überprüfung von digitalen Bildungsunternehmen weltweit Alarm, weil EdTechs massenhaft Schülerdaten sammeln. „Von den 164 untersuchten EdTech-Produkten schienen 146 (89 Prozent) Datenpraktiken zu verwenden, die die Rechte der Kinder gefährdeten, zu ihrer Unterminierung beitrugen oder diese Rechte aktiv verletzten“, heißt es in dem neuen Bericht. Zu den untersuchten Apps und Plattformen zählen auch eine ganze Reihe in Deutschland verbreiteter Anwendungen wie MS Teams, Google Classroom, itslearning oder die beliebte digitale Pinnwand Padlet. Selbst bei Moodle entdeckten die Menschenrechtler Probleme. Ein Resümee der Untersuchung lautet. „Diese Produkte überwachten Kinder oder hatten die Möglichkeit, sie zu überwachen, in den meisten Fällen heimlich und ohne die Zustimmung der Kinder oder ihrer Eltern.“ 

Verraten Schülerdaten: Padlet, MS Teams – und Moodle

Human Rights Watch (HRW) ließ nach mehreren Kategorien Apps und webbasierte Anwendungen untersuchen. Experten begutachteten etwa 73 EdTech-Apps genauer auf das Merkmal „Wer bist Du?“. HRW habe 41 Apps (56 Prozent) gefunden, die Werbe-IDs ihrer Nutzer sammelten – darunter Padlet, itslearning und Schoolfox. Sie erlaubten es laut HRW, „Kinder zu markieren und ihre Geräte zu identifizieren“ – und zwar ausschließlich zu dem Zweck, sie mit Werbung anzusprechen. Die unter digital affinen Lehrern gern genutzte App Padlet taucht bei Lokalisierungen in dem Bericht mehrfach auf. Auch deutsche Datenschutzbeauftragte warnten bereits vor Padlet. Microsoft Teams wiederum muss sich vorhalten lassen, den Standort von Schülern auf fünf Meter bestimmen zu können. Überraschend tauchen auch Threema Work und Moodle in der Kategorie auf, die Lehrer üblicherweise als sichere Produkte handeln. 

Google Classroom vervierfachte Nutzerzahlen in Pandemie

Anlass für die HRW-Untersuchung der EdTechs auf Schülerdaten war die Verbreitung digitaler Lerntechnologie während der Corona-Pandemie. „Der beispiellose, massenhafte Einsatz von Bildungstechnologien (EdTech) durch Schulen während der Pandemie ohne angemessenen Schutz der Privatsphäre hat das Recht der Kinder auf Privatsphäre drastisch reduziert.“ So halten die HRW-Autoren fest.

Gleichzeitig seien die Einnahmen der Tech-Firmen dramatisch gestiegen. Google Classroom, die Google-Plattform für Lehrer und Schüler, habe die Zahl seiner Nutzer:innen fast vervierfacht – auf mehr als 150 Millionen. „Wir haben ein unglaubliches Wachstum erlebt„, zitiert der Bericht Javier Soltero, Vizepräsident von Google Workspace. Christian Füller

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