Themenschwerpunkte


Andreas Jung – der Gemäßigte

Kompetent in der Sache, leise im Auftritt: CDU-Parteivize Andreas Jung. (Bild: Michael Wittig)

Andreas Jung ist nett, freundlich, zugewandt. Mit diesem Gefühl geht man aus einem Gespräch mit ihm. Er wirkt zurückhaltend, fast schüchtern, nie abgehoben. Er spricht gemäßigt, in der Lautstärke wie bei den inhaltlichen Aussagen. Selten sagt er halbe Sätze, die etwas offen lassen könnten. Dadurch klingt alles aber auch etwas gleichförmig. Wer ihm Böses wollte, könnte ihn ein ganz klein bisschen langweilig finden.

Der 47-jährige ist der Klima- und Energieexperte von Partei und Fraktion und gilt deshalb als einer der wichtigsten CDU-Politiker derzeit. Inhaltlich ist er in der größten Oppositionsfraktion der eigentliche Gegenspieler des Wirtschafts- und Klimaschutzministeriums von Robert Habeck; und formal könnte man den stellvertretenden CDU-Parteivorsitzenden in der eigenen Partei auch als mächtig bezeichnen. Dagegen spricht, dass man bis heute wenig von dieser Macht merkt. Jenseits der Hauptstadt kennt ihn kaum jemand; ein prägendes Gesicht in der CDU ist er noch nicht geworden.

Jungs größter Kontrahent: Jens Spahn

Das liegt einerseits an seinem für einen Politiker extrem bescheidenen Auftreten. Und es liegt an Jens Spahn. Nach der Niederlage bei der Bundestagswahl und den Umbrüchen in der Unionsfraktion schaffte es Spahn, sich als Fraktionsvize für Wirtschaft durchzusetzen. Seither stehen sich mit Jung und Spahn zwei grundverschiedene Politikerpersönlichkeiten gegenüber. Der eine, Spahn, ist der Lautere. Er weiß, wie man Schlagzeilen und Wirkung entfaltet. Der andere, Jung, arbeitet stiller, ist in der Sache Experte, aber nach außen kaum wirksam.

Für die größte Opposition ist es nicht trivial, der Politik von Robert Habeck etwas entgegenzusetzen. Der grüne Minister hatte sich in seiner Krisenpolitik nicht so sehr als Grüner hervorgetan, sondern mit pragmatischen Schritten beim LNG oder Gaseinkäufen in Katar. Jung müht sich deshalb, dem mit umso mehr Sachverstand etwas entgegenzusetzen. „Wenn man gut im Thema ist, kann man die Regierung viel konkreter unter Druck setzen„, sagt er. Da ist zum Beispiel die Gasumlage, bei der die Union den Wirtschaftsminister mit heftigen Debatten im Bundestag unter Druck setzte. „Habeck musste reagieren, so konnten wir Akzente setzen.“ Dass das viel Arbeit ist und dass Klima und Energie die bestimmenden Themen der Bundestagsfraktion sind, sieht man auch daran, dass bis zum Februar von all ihren 25 Anträgen sowie Kleinen und Großen Anfragen 13 zu Klima und Energie gestellt wurden.

„Ich muss nicht laut sein, um laut zu sein“, sagt Jung. Hat er damit recht? Wenn man seinen Politikstil beobachtet und wenn man weiß, dass er aus Baden-Württemberg kommt, fällt es nicht schwer, auf sein politisches Vorbild zu tippen – auch wenn Jung das nicht so nennen will. Trotzdem sagt er dann wie erwartet: „Am meisten geprägt bin ich wohl von der Denkweise, die ein Wolfgang Schäuble verkörpert.“ Was diese Denkweise ausmacht? „Eine klare Wertegrundlage und trotzdem immer offen für das Neue.“

Wolfgang Schäuble, der, muss man sagen, durchaus laut war, sagte vor kurzem in einem Interview zu seinem 50-jährigen Bundestagsjubiläum: „Es ging mir nie um einen bestimmten Posten, sondern darum, möglichst viel Einfluss zu haben.“ Woran misst man solchen Einfluss? Diese Frage stellt sich in der Opposition noch einmal anders als in der Regierung. Misst man sie an den realen Veränderungen, die man durch sein politisches Handeln herbeiführen kann, ist Jungs Einfluss über sein Ressort hinaus bisher gering.

Jung könnte Maaßen glaubwürdig gegenübertreten

Eine Chance, das zu ändern, bietet der Fall Hans-Georg Maaßen. Als Vorstandsmitglied war Jung an der Entscheidung für ein Parteiausschlussverfahren direkt beteiligt. Auch öffentlich trat er dazu in Interviews häufiger auf. Der ehemalige Verfassungsschutzchef ist ein idealer Gegenspieler für Jung. Er kann – mehr als der Parteichef – für sich beanspruchen, für eine CDU zu stehen, in der ein Maaßen keinen Platz hat. Weil Jung selbst Jurist ist, werden ihn die erwartbaren verbalen Angriffe und Nebelkerzen von Maaßen vielleicht auch weniger aus der Ruhe bringen als andere.

Will er aber wirklich etwas ändern, müsste er die kommenden drei Jahre nutzen, um die CDU grundlegender zu prägen und dann zum neuen Repräsentanten dieser Veränderung zu werden. Jung scheint das bewusst zu sein, wenn er sagt, die CDU müsse die Opposition nutzen, um sich neu aufzustellen. Für sein Ressort gehört dazu: „Wir brauchen ein überzeugendes Konzept, wie wir klimaneutral werden können.“ Natürlich mit klaren Unterscheidungsmerkmalen zur Ampel. Und so betont Jung die Technologieoffenheit, die Beschleunigung beim Ausbau aller erneuerbaren Energien – neben Wind und Sonne auch Bioenergie, Geothermie und Wasserkraft. Zu alldem würden gerade sehr konkrete Vorschläge erarbeitet.

Mehr zum Thema

    Grüne Bärbel Höhn: Von der Ministerin in NRW zur Energiebeauftragten für Afrika
    Graichen-Nachfolger Philipp Nimmermann: Erfahrener Finanzmanager aus Hessen
    Staatssekretärin Elisabeth Kaiser: Steiler Karrieresprung
    Grüner Bundestagsnovize Karl Bär: „Ich bin hier einer der Radikaleren“