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Charles III. in Berlin: „Mut schöpfen aus unserer Einigkeit“

Bundeskanzler Olaf Scholz empfängt König Charles III. vor dem Bundeskanzleramt (Bild: Imago/Pacific Press Agency)

Im Bundestag herrscht an diesem Donnerstag Aufruhr. Begleitet von unzähligen Sicherheitsmitarbeitern kommt König Charles III. mit Königin-Gemahlin Camilla in dem Gebäude an. Ziel des hohen Besuchs: die Festigung der Freundschaft des United Kingdom zu Deutschland nach dem Brexit. Außerdem steht die von Russland bedrohte Sicherheit Europas im Fokus des britischen Monarchen.

Schon bei der Ankunft des Königspaars am Mittwoch am Flughafen BER feuern Soldaten 21 Salutschüsse ab; die Begrüßung mit militärischen Ehren findet vor dem Brandenburger Tor statt. In Begleitung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und First Lady Elke Büdenbender gibt sich der König volksnah: Hunderte Menschen haben hier teils stundenlang auf die Ankunft der Royals gewartet, schenken dem Paar Blumen, schütteln blaublütige Hände. Einige Fans vergießen überwältigt Tränen. Enttäuschend fällt das Bad in der Menge für diejenigen aus, die auf der falschen Seite des Platzes stehen. Dort war der König nur aus der Ferne zu sehen, klagt eine Zuschauerin.

Staatsbankett mit Likörwein von der Ahr

Am Abend das Staatsbankett im Schloss Bellevue mit 130 Gästen, darunter die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel, Sänger Campino, Finanzminister Christian Lindner nebst Gattin; Moderatorin ist Motsi Mabuse. Auf der Karte: gebeizter Karpfen, Weidehuhn mit Pilzen, Spinat-Törtchen mit Wurzelwerk, dazu natürlich deutsche Weinen. Zum Dessert Backpflaume mit ostfriesischem Schwarztee und Sandgebäck. Dazu Likörwein von der Ahr.

In seiner Tischrede sagte der Monarch, er habe bei seinen früheren Besuchen in Deutschland viel über biodynamische Landwirtschaft gelernt. Die deutlichen Verbesserungen der Betriebe und Böden seiner eigenen Ländereien verdanke er auch deutschem Fachwissen.

Am Donnerstagmorgen dann die mit Spannung erwartete Rede im Bundestag: Die erste, die je ein gekröntes Staatsoberhaupt im Palast des Volkes halten durfte. Charles III. überrascht damit, dass er seine Ansprache zu einem großen Teil flüssig auf Deutsch hält. Fast schon emotional bedankt sich der neue König für die Anteilnahme nach dem Tod seiner Mutter. Es ist erst ein halbes Jahr her, dass Queen Elisabeth II. im Alter von 96 Jahren starb. Seine Familie und er seien tief berührt gewesen von den Beileidsbekundungen, von dem ihr zu Ehren in den Farben des Union Jack angestrahlten Brandenburger Tor. Es empfinde Stolz, die Bande mit Deutschland zu erneuern. „Diese Freundschaft hat meiner geliebten Mutter viel bedeutet„, sagte er.

Die Minuten im Bundestag nutzt der Monarch auch, um den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu verurteilen. „Der Angriffskrieg gegen die Ukraine hat unvorstellbares Leid über viele Menschen gebracht, Freiheit wird zerstört, die Würde des Menschen mit Füßen getreten.“ Die Sicherheit Europas sei ebenso bedroht wie die demokratischen Werte. „Aber wir können Mut schöpfen aus unserer Einigkeit„, sagte König Charles. Deutschland und das Vereinigte Königreich hätten wichtige Führungsrollen in der Unterstützung der Ukraine übernommen. „Der Entschluss Deutschlands, der Ukraine so große militärische Unterstützung zukommen zu lassen, ist überaus mutig, wichtig und willkommen.“

„Stolz auf die starke Partnerschaft unserer Länder“

Zum Ende seiner Rede bekräftigt Charles III. dann erneut die Partnerschaft und Freundschaft. „Ich kann kaum in Worte fassen, wie stolz ich auf die starke Partnerschaft unserer beiden Länder bin.“ Er sei sicher, dass noch viele Kapitel zur gemeinsamen Geschichte hinzukommen würden.

Am späteren Nachmittag waren König Charles und Bundespräsident Steinmeier zu einem Abstecher nach Brandenburg verabredet. Auf dem Programm: die Begegnung mit Soldatinnen und Soldaten eines deutsch-britischen Pionierbataillons aus Minden. Weiter das Ökodorf Brodowin. Der umweltbewusste Royal setzt sich seit Jahrzehnten für die biologisch-dynamische Landwirtschaft ein. Bereits in den 1980er Jahren stellte er die Landwirtschaft auf seinem Gut Highgrove in Gloucestershire auf öko um.

Am Freitag soll es mit dem Zug weiter nach Hamburg gehen. Für Charles ist es die erste Auslandsreise in seiner neuen Rolle als König, die er nach dem Tod von Elizabeth II. im September übernahm. Politisch gilt der Besuch als bedeutsam. Drei Jahre nach dem britischen EU-Austritt soll er ein neues Kapitel der Beziehungen Großbritanniens zu Europa und Deutschland einläuten. Mit dpa

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